Für Sie gelesen: Soziale Maschinen bauen
Andreas Bischof beschreibt in seinem Buch mit dem Titel „Soziale Maschinen bauen“, erschienen 2017 im transcipt-Verlag Bielefeld, die bis dahin bekannten epistemischen Praktiken der Sozialrobotik. Er stellt seine Promotionsarbeit im Buch verkürzt dar.
Um es auf den Punkt zu bringen: Bis 2017 gab es trotz ganz unterschiedlicher Ansätze keine wirklich markanten Durchbrüche.
Einen kleinen Durchbruch möchte ich hier herausstellen:
Klar ist zunächst: Jeder Roboter muss, um planen zu können, ein Modell seiner Umgebung aus den Sensordaten zusammenstellen: Das Umgebungsmodell. Eine der Erkenntnisse war, dass anstelle eines vollständigen Umgebungsmodells kleinere Modelle, die sich auf die notwendigen Objekttypen beschränken, vollkommen aus. Kurz: Für jedes Anwendungsfeld genügt ein eigenes Weltbild, (also die Menge aller darin befindlichen Objekttypen und deren Beziehung zueinander), das nur diejenigen Objekttypen enthält, die eben nötig sind.
Auch wir Menschen haben verschiedene „Weltbilder“, die wir – je nach Bedarf – nutzen:
- Unsere Wohnung und die Ordnung darin
- Der Marktplatz unserer Gemeinde
- Unser Menschenbild, wenn wir uns begegnen
- Der Wald, in dem wir spazieren (und seine Tiere)
- Unser Schlüsselbund mit seiner Ledertasche
- Die Tastatur unseres Klaviers
- Das Planetensystem
- Unser „Weltbild“ (Kosmos, Schöpfer, unser Leben nach dem Tod)
Wenn wir – ganz unbewusst – auf dem Nachhauseweg in die Tasche greifen, den Schlüssel herausholen und unsere Haustür aufschließen, benötigen unsere Finger dazu das Gefühl für Leder (die Tasche des Schlüsselbundes), für Metall (den Schlüssel) und die kleine Spitze am Zylinder, in den wir den Schlüssel einstecken – um nur einige typische Teile (Objekttypen) zu erwähnen.
Unsere Vorstellung der Welt in unserem Hirn unterteilt die Welt auch in verschiedene Teilwelten. Unser Weltbild ist modularisiert. Die Teile passen auch nicht notwendig zueinander. Sie können sich sogar widersprechen. Und das ist eben nicht weiter schlimm.
Wenn wir nun soziale Maschinen bauen, genügt es auch, ihnen für jedes Anwendungsfeld ein eigenes Weltbild vorzuhalten, das im Anwendungsfall dann in ein passendes Umgebungsmodell mit Hilfe der wahrgenommenen Fakten ausgeprägt wird.
Wenn wir das ernst nehmen, dann sollten wir beim Bau von sozialen Robotern ganz klein anfangen und ihnen erst mal die vielen „trivialen“ Abläufe beibringen, bevor wir ihnen große Aufgaben / Abläufe abverlangen. Es ist der einfachere und weniger aufwändige Weg, als wenn wir ihnen die großen Abläufe direkt einbauen wollen. Da könnte auch noch so viel Training nicht wirklich helfen.
Über den Autor
Michael Mörike ist seit 2008 ehrenamtlich als Vorstand in der Integrata Stiftung tätig.
Als Informatikpionier führte er bereits während seines Studiums Projekte in der EDV durch. So richtete er beispielsweise 1969 Prozessrechner für die Uni Tübingen ein. Zwischen 1978 und 2000 war Michael Mörike in der Geschäftsführung verschiedener Unternehmen tätig (GDV 4 Jahre, Integrata 14 Jahre, itm AG 4 Jahre) bevor er zur Jahrtausendwende in den Stand des Freiberuflers wechselte. Als Projektleiter hat er so renommierte Projekte wie BTX und NIVADIS geleitet.