Korte, Werner B.: Telearbeit – Ein Vorgeschmack auf die Arbeit der Zukunft

Korte, Werner B.: Telearbeit – Ein Vorgeschmack auf die Arbeit der Zukunft, in: Dengel, Andreas / Schröter, Welf (Hg.): Flexibilisierung der Arbeitskultur. Infrastrukturen der Arbeit im 21. Jahrhundert. Mössingen 1997 (Sammlung kritisches Wissen, Bd. 25), S. 74-82. ISBN 3-89376-072-5. 44,00 DM.

Themen: Arbeits- und Sozialrecht, Diffusion, Erwerbsformen, Kontrolle, neue Selbständigkeit, Personalmanagement, politischer Rahmen, Qualifikation.

Abstract
Ausgehend von der Geschichte der Telearbeit wird ihre Rolle für die generelle Neu- und Umgestaltung der Arbeit diskutiert.

Inhaltsverzeichnis
1. Telearbeit: Verbreitung und Potential
2. Die Geschichte der Telearbeit
3. Hindernisfaktoren
4. Telearbeit und Arbeit
5. (Zwischen)-Resumee

Bewertung
Programmatischer Diskussionsbeitrag, der vor allem die politischen Rahmenbedingungen thematisiert.

Inhalt

1. Telearbeit: Verbreitung und Potential
Korte begründet die einstigen übertriebenen Erwartungen hinsichtlich der Ausbreitung der Telearbeit (TA) mit dem weit verbreiteten Glauben an die Realisierung des technisch Machbaren, ohne Berücksichtigung des verzögernden menschlichen Faktors. 1997 gibt es in Deutschland 150.000 TelearbeiterInnen (GB: 560.000). Die Schätzungen des Potentials liegen zwischen 2,5 und über 6 Millionen (EU: 11-30 Millionen).

2. Die Geschichte der TA
Die Geschichte der TA beginnt in den siebziger Jahren in den USA. Erst die technische Entwicklung (Hardware und Software) ermöglichte den inzwischen rasanten Aufschwung (der im Vergleich zu den Erwartungen zwar immer noch langsam, aber dafür stetig vonstatten geht). 1992 startete die EU-Kommission ihre breit angelegten Stimulierungsaktivitäten. Formen wie alternierende TA und virtuelle Unternehmungen entstehen in diesen Jahren. Korte prognostiziert ein ganz anderes Aussehen künftiger TA: Zunehmend wird sie als selbständiges Arbeitsverhältnis, durch Führungskräfte, völlig ortsungebunden und mobil praktiziert. TA wird Teil der Arbeit von fast allen Arbeitsverhältnissen und zur Normalität werden.

3. Hindernisfaktoren
Als größtes Hemmnis macht Korte das mittlere Management aus, welches „zurecht“ (S.78) um seine Positionen und Macht fürchtet. Außerdem beklagt Korte in Deutschland eine „Kultur der Abhängigkeit“ (ebd.), in der eine sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung als das Normalarbeitsverhältnis angesehen wird und eine „Saturiertheit“ vorherrscht, die dazu führt, daß Herausforderungen nicht mehr angenommen werden. Darüber hinaus macht er einen gesellschaftlichen Konservatismus aus, der Neuerungen nicht mehr selbst erproben will, und damit die Erneuerungsfähigkeit des Produktionsstandortes gefährdet.

4. TA und Arbeit
Die Zukunft bringt eine verstärkte Auflösung betrieblicher Strukturen mit sich. Daraus ergibt sich ein Trend in Richtung „Beschäftigung statt Arbeitsplätze“ (S.80). Die Folge wird eine zunehmende Zahl von freien Mitarbeiterverhältnissen oder „neuen Selbständigen“ sowie „offener Arbeitsformen“ (Teilzeitarbeit, befristete Erwerbsarbeit, Erwerbsarbeit unterhalb der Sozialversicherungspflicht) sein. Dabei entstehen „neue Arbeitsformen“ (befristete und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, neue Selbständigkeit, Arbeitnehmerüberlassung, Kundenselbstbedienung): „Unterwertige Beschäftigung und Massenarbeitslosigkeit werden zu einem Massenphänomen werden“ (S.81). Schule und Ausbildung sind hierauf nicht ausreichend vorbereitet. Ebenso erwartet der Autor Auswirkungen auf das Arbeits- und Sozialrecht sowie auf das Steuerrecht.

5. (Zwischen)-Resumee
Korte prognostiziert sowohl bei Arbeitgebern wie Arbeitnehmern einen Trend weg von der abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Ausnahmearbeitsformen werden zur Regel werden. TA ist der Kristallisationspunkt für diese Entwicklung. Als Voraussetzung für eine weitere Experimentierfreudigkeit sieht er allerdings „einen gewissen sozialen Mindestschutz“ an. Die Flexibilisierung bedeutet für ihn, experimentierfreudigen Zielgruppen mehr Freiheit zu gewähren und für die Masse der Beschäftigten sichere Lösungen anzubieten. Die Diskussion um die TA ist für ihn im Grunde die Diskussion um die Neu- und Umgestaltung von Arbeit ganz allgemein.

06.03.2001; KS