Probst, Gilbert / Raub, Steffen / Romhardt, Kai: Wissen managen – wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen

Probst, Gilbert / Raub, Steffen / Romhardt, Kai: Wissen managen – wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen, ISBN 3-409-39317-X. Gabler Verlag Wiesbaden 1999. 474 Seiten.

Themen: Knowledge Management, Wissen, Wissensmanagement.

Abstract
Nach dem Modell eines Warenhauses wird eine Anleitung zur Handhabung von Wissensbeständen gegeben.

Inhaltsverzeichnis
Einführung — S. 15
1. Herausforderung Wissensmanagement — S. 17
2. Die Wissensbasis des Unternehmens — S. 33
3. Bausteine des Wissensmanagements — S. 49
4. Wissensziele definieren — S. 63
5. Wissen identifizieren — S. 101
6. Wissen erwerben — S. 147
7. Wissen entwickeln — S. 177
8. Wissen (ver)teilen — S. 221
9. Wissen nutzen — S. 269
10. Wissen bewahren — S. 289
11. Wissen bewerten — S. 321
12. Verankerung des Wissensmanagements — S. 351
13. Nennen wir es einmal nicht „Wissensmanagement“ — S. 373
14. Fangen Sie an! — S. 387

Bewertung
Viel zu viele Worte um ein oberflächliches Schema.

Inhalt

Einführung
In der Einführung erfährt man, dass das Buch nach dem Bausteinprinzip aufgebaut ist, und der Leser wird ermuntert, sich herauszusuchen, was ihn direkt angeht. So kann er zuversichtlich sein, dass er für sich und seine Gruppe etwas Brauchbares findet.

Wissen im Unternehmen
Im 1. und 2. Kapitel (Baustein) wird der Eintretende aufgehalten vom Pförtner, der (wie etliche andere Pförtner auch) darüber räsoniert, wie „immer wichtiger“ für alle Unternehmen die „Ressource“ Wissen wird, und dass man sich damit beschäftigen soll. Besonders wichtig sei die Abteilung oder der Baustein „Definitionen“; er selbst, erklärt der Pförtner, sei ein Baustein und dafür zuständig: Wissen sei nämlich nur graduell verschieden von Information, doch im großen Unterschied zur Information personengebunden. Sinnierend, ob Wissen vielleicht so etwas ist wie Hautöl — graduell verschieden vom Schmieröl, doch im Unterschied zu diesem personengebunden — lässt der Suchende den Pförtner hinter sich und findet sich an einer Übersichtskarte wieder, wo es zur Sache geht.

Wissensmodell
Dort, im 3. Kapitel, wird ein häufig zitiertes Kernmodell von sechs Elementen um zwei erweitert: Wissensidentifikation, Wissenserwerb, Wissensentwicklung, Wissens(ver)teilung, Wissensnutzung, Wissensbewahrung plus Wissensbewertung und Wissensziele. Dieses 6 + 2-System ist ein Kreislaufmodell, mit dem man nun — genau wie bei IKEA — auf die Reise geschickt wird und allerlei Interessantes und nicht allzu Teures geboten bekommt.

Das Modell im Einzelnen
Die acht Kapitel von 4. – 11. führen das Modell, bei dem die unten gegebene Reihenfolge als aufeinanderfolgende Schritte zu beachten ist, aus:

Wissensziele definieren
„Wie sollen wir wissen, in welche Richtung gelernt werden muss, wenn es keine Zielsetzungen für Wissen in unserer strategischen Planung gibt?“ — wird ein Manager
eines multinationalen Markenartiklers aus der Praxis zitiert. Wie ein Wissenziel definiert werden kann, nicht muss, wird am Beispiel des sogenannten Wissensquadranten der Phonak AG, einem Hörgerätehersteller, (S. 76) gezeigt. Die eine Dimension des Quadranten läuft vom Innen (des Unternehmens) zum Außen, die andere Dimension von der Entwicklung zur Nutzung (eines Unternehmenprodukts); auf dieser Fläche können dann einzelne Unternehmensziele als Wissensziele plaziert werden. Über der Fläche schwebt wie aus heiterem Himmel — wahrscheinlich aus dem japanischen Himmel — eine Vision, die auf „eigene Stärke“ und „Vorrang der Ideen vor Macht und Status“ setzt oder vorgibt, es zu tun. Die Autoren bemerken in diesem Zusammenhang, dass der japanische Managementforscher Itami zu den Ersten gehörte, die vorschlugen, Unternehmensziele als Ziele zum Aufbau von Wissen zu formulieren.

Wissen identifizieren
„Wenn das Unternehmen wüsste, was es weiß“, ist hier ein gerne zitierter Satz, und es werden dabei Möglichkeiten dargestellt, solches Wissen transparent zu machen. Eine
solcher Möglichkeiten ist (S. 112) die sogenannte Wissensquellenkarte, auf der etwa aus der Zentralperspektive eine Teams die Personen bezeichnet sind, die im Umfeld innerhalb der Organisation und außerhalb von ihr über für das Team bedeutsame Informationen verfügen.

Wissen erwerben
Die Autoren unterscheiden den Erwerb von Wissen externer Wissensträger (gemeint ist Einkauf fremder Experten), den Erwerb von Wissen anderer Firmen, den Erwerb von Stakeholderwissen (mit Betonung der Meinungen von Kunden), den Erwerb von Wissensprodukten. Die Alternative zum Erwerben: das betreffende Wissen selber zu entwickeln.

Wissen entwickeln
Dabei wird, von Japanern übernommen, das Externalisieren angesprochen: Eindrückliches (auch tacit knowledge genannt) wird zum Ausdrücklichen, wobei Analogien („dieses Saugrohr funktioniert wie ein Elephantenrüssel“) hilfreich sind. Die Methode hätte jedoch — womit das japanische Konzept (s. Nonaka/Takeuchi) gründlich missverstanden wird — Grenzen in der Bereitschaft von Wissensträgern, ihr Wissen auszupacken.

Wissen (ver)teilen
Drei Aufgabenbereiche werden genannt: a) Die Muliplikation von Wissen, wobei eine ‚Multiplikationsformel‘ von Arthur Anderson, bei der die Algebra allerdings nur als Metapher dient, hervorgehoben wird: K=(P+I)S (Knowledge = People in technischer Verbindung mit Informations über Sharing); b) die Sicherung und das Teilen früherer Erfahrungen (z.B. Fehler); der simultane Wissensaustausch (z.B. Austauschen von’best practices‘).

Wissen nutzen
Aus der Praxis: „Was mich an missglückten Projekten immer wieder überrascht, ist der Umstand, dass wir das Wissen zur Vermeidung dieser Fehler doch eigentlich besitzen.“ — Es wird in diesem Zusammenhang (S. 282 f) auf nutzungsfreundliche Arbeitskontexte hingewiesen, die durch Dokumentations-Architekturen gewonnen werden können, welche „brain friendly“ sind. Sie gehören zum Gegenstand eines seit zwei Jahrzehnten sich entwickelnden Forschungsfelds, in dem Informatiker, Neurologen, Psychologen zusammenwirken. Eine der Einsichten: Durch die Einbeziehung beider Hemisphären des Gehirns wird die Merkfähigkeit gefördert.

Wissen bewahren
Ebenfalls relativ jung ist das Erkennen des Problems der Wissensbewahrung; wesentliche Erkenntnisse dazu können in der ‚Formel‘ SSA festgehalten werden: Selektieren, Speichern, Aktualisieren. Der erste Begriff besagt, dass zum Bewahren des Gewussten das Wegwerfen von Ballast gehört; der zweite weist auf gute Ablage des zu Behaltenden; der dritte (der leicht vergessen wird) auf die Notwendigkeit, das Behaltene erneut wieder zu benutzen; sonst wird es unzugänglich.

Wissen bewerten
Eine Möglichkeit dazu ist die von Kaplan und Norton (1992/93) entworfene „Balanced Scorecard“ (Abbildung in neuerer Form S. 332). Sie verbindet Kriterien aus der Sicht der Kunden, der Geschäftsführung, der Finanziers und spezieller Wissensmanager.

Verankerung
Im 12. – 14. Kapitel wird man zunächst (S. 356) an der schon bekannten Übersichtskarte des Gesamtmodells (6 + 2), die jetzt dem tatsächlich beschrittenen Weg angepasst ist, vorbeigeschleust. Dann wird der Leser, der während der Lektüre natürlich ein angehender Wissensmanager geworden ist, noch in der Abteilung ‚Kreativitätstraining‘ festgehalten („nennen wir es einmal nicht ‚Wissensmanagement'“ …). Zum Schluss muss man noch einmal an dem Pförtner vorbei, der einem heiser zuruft: „Fangen Sie an!“

02.10.2001; MF