Neuronale Netze

Neuronale Netze

 

Teil 7 aus der Reihe Mensch 2.0.: 

Es ist in erster Linie die Energieversorgung höherer Schichten, die das menschliche Gehirn in seiner Tätigkeit einschränkt. Das Modell „Seelische Energie“ geht daher von einem hierarchischen Aufbau der neuronalen Netze untereinander, einer ebenfalls geschichteten Struktur innerhalb der Netze und sogar der darin verarbeiteten Daten selbst aus. Welches Netz holt sich die Priorität?

Hier die Zeichnung einer multipolaren Nervenzelle des menschlichen Kleinhirns nach Ramón y Cajal, symbolisch für die Komplexität eines neuronalen Netzes.

Jeder noch so kleine Input in den feinen Verästelungen trägt zur Informationsverarbeitung der Nervenzelle, aber auch zu einem in der Summe hohen Energieverbrauch bei, den das Gehirn nicht lange aufrechterhalten kann.

Wie ließe sich der Energiebedarf senken? Sollte man z.B. nur die stärksten Signale der Hauptäste berücksichtigen? Auch wenn man vorher nicht weiß, in welchem Bereich diese Signale auftreten werden?
Vorteilhafter wäre es wohl, ein Signal mittels einer mathematischen Transformation systematisch in Schichten mit verschiedener Einfluss-Stärke aufzuteilen.

Als Beispiel die folgende Bilderserie: Das Originalbild „Romana“ wurde mittels Fourier-Transformation in 64 Schichten aufgeteilt, mit der ersten Schicht beginnend Schicht über Schicht wieder zusammengesetzt und zu einem Bild rücktransformiert.

„Romana“, schichtenweise rekonstruiert (Originalbild: Majorgaine/Shotshop.com)

Bereits die Rekonstruktion aus den ersten zwei Schichten lässt eine Figur erkennen, die ersten fünf, dass es sich um eine Frau handelt, bei zehn Schichten werden schon Einzelheiten erkennbar und mit 20 Schichten ist bereits ein recht gutes Bild zu erhalten. Aus allen 64 Schichten rekonstruiert zeigt sich wieder das Original.

Eine Bestätigung des Pareto-Prinzips, benannt nach Vilfredo Pareto oder 80-zu-20-Regel genannt. Diese besagt, dass 80 % der Ergebnisse bereits mit 20 % des Aufwands – hier der zur Rekonstruktion benötigten Schichten – erreicht werden können.

Die verbleibenden 20 % an Ergebnissen erfordern mit 80 % des Gesamtaufwandes die quantitativ meiste Arbeit (Wikipedia). Wird höhere Qualität gefordert, muss der Aufwand stark erhöht werden.

Der Zwang zum Energiesparen erfordert daher, im Vorfeld abzuschätzen, welchen Grad an Qualität die gestellte Aufgabe wohl erfordern würde. Sich seiner Sache zu sicher zu sein und den Aufwand zu unterschätzen, kann böse enden, z.B. beim Fußball seinen Gegner nicht ernst genug zu nehmen.

Könnte es sein, dass der Algorithmus des Gehirns nicht mit den originalen, sondern in Schichten transformierten Daten rechnet und je nach verfügbarer seelischer Energie spontan bestimmt, ob Basis-Komponenten ausreichen oder auch Beiträge höherer Schichten zur genaueren Berechnung des Verhaltens herangezogen werden müssen?
Bei sinkendem seelischem Pegel verlagern sich die Denkvorgänge unter Qualitätsverlust immer mehr auf untere Schichten.

Wie kann man sich die Rechenvorgänge neuronaler Netze überhaupt vorstellen?

Ein sinkender Blutzuckerspiegel vermittelt ein Gefühl von „Hunger“ und aktiviert das neuronale Netz „Nahrungsbeschaffung“: Die Aufmerksamkeit wird geschärft auf alles Essbare und alle Erfahrungen aufgerufen, wo solches zu finden sei.

Und die vielen weiteren neuronalen Netze? Warum schweigen diese und überlassen dem Netz „Nahrungsbeschaffung“ die Priorität? Ganz einfach: Das durch ein Bedürfnis oder eine Anforderung von außen am stärksten in Resonanz versetzte neuronale Netz sendet unterdrückende Impulse an alle anderen Netze und holt sich so die Priorität (Buch von Eric Kandel: „Auf der Suche nach dem Gedächtnis“).

Dieser Mechanismus ist so sinnvoll wie bekannt: Eine bedrohliche Situation: Stresshormone sorgen für Abwehrbereitschaft: Blutdruck hoch, Verdauung und Schmerzempfindung runter. Alle Energie in die Abwehr der Bedrohung.

Fühlt sich ein neuronales Netz im normalen Rahmen angesprochen, erhöht es zunächst seine „Aufmerksamkeit“. Dies bedeutet im Falle „Nahrungsbeschaffung“, dass das Netz ein Muster von Essbarem aktiviert und damit sein Umfeld absucht. Der Wanderer z.B. entdeckt den einzigen Apfel auf dem Baum, weil er aus Erfahrung weiß, dass auf Bäumen Äpfel hängen können, die sein Hungerproblem lösen könnten. Dort sucht er zuerst.

Die Suche beginnt unter Einsatz unterer Schichten, deren Leistung immerhin ausreicht, um etwas Rotes auf einem der Bäume zu entdecken. Die Resonanz auf unteren Schichten setzt unter Energieaufwand höhere Schichten in Gang, um genauere Daten für die Motivationsberechnung zu erhalten: Das Auge fokussiert sich auf den Apfel und die Bildauswertung – wie oben bei der „Romana“ – ermittelt nun mit mehr Schichten genauere Daten: Wie groß? Schön rot? Fleckig oder angepickt?

Ähnlich ermittelt der Algorithmus die Lage des Apfels auf dem Baum und den Aufwand, ihn zu pflücken. Je genauer, desto mehr Schichten werden beteiligt und desto energieaufwändiger für das Gehirn.

Beispiel: Ein künstliches „Mini-Netz“ soll das Szenario „Wanderer und Apfel“ mit lediglich vier Inputs in seiner oberen Reihe modellieren: „Größe“ des Apfels, seine „Farbe“, seine „Lage“ auf dem Baum und „Können“, die Kletterkünste des Wanderers beziffernd. Es folgt eine Schicht mit vier versteckten „Neuronen“ (H1) und den Ausgängen in der untersten Zeile „ja“ für „klettern“ und „nein“ für „nicht klettern“. Das Netz (Software „Membrain“) wird mittels mathematisch ermittelter Daten aus der Psycho-Mathematik trainiert und mit verschiedenen Inputs gespeist.

Größe Apfel ok, Farbe ok, Lage ok und eigenes Können ok: Klettern „ja“

Schätzt der Wanderer alle vier Inputs mit voller Punktzahl „1“ ein, Größe des Apfels, seine Farbe, seine Lage auf dem Baum und das eigene Können, gibt das Netz am Output „1“ = „ja“ aus und der Wanderer wird klettern und sich den Apfel holen.

Apfel klein, Farbe grün, Lage und Können ok: Klettern: „nein“

Ist der Apfel nicht groß genug und noch grün, gibt das Netz trotz guter Lage und eigenem Können „nein“ aus: Die Belohnungserwartung und damit die Motivation ist nicht groß genug für den Entschluss zu Klettern.

Größe ok, Farbe grün, Lage ok, Können ok: schwere Entscheidung

„Soll ich oder soll ich nicht?“ Die Entscheidung zu klettern kann schwerfallen, wenn die Inputs ähnliche Werte für „Klettern“ oder „Nicht Klettern“ am Output liefern, siehe Beitrag „Entscheidungen“. Klettern.

Bereits mit einem kleinen neuronalen Netz können viele Beispiele durchgespielt werden. Wenn die Inputs die „richtige“ Kombination von Signalen liefern, springt das neuronale Netz an, es gerät in „Resonanz“, sein Output „Aktion“ geht auf „ja“ und löst weitere Aktivitäten aus. Beim Autokauf entscheidet ebenfalls die Kombination der Eigenschaften wie Größe, Form, PS-Leistung, Farbe, usw. Passt alles zusammen, wird Motivation entstehen und diese zum Kauf führen.

Ähnliches spielt sich ab, wenn eine Anforderung von außen kommt: Chancen, seelische Energie zu gewinnen, aber auch Bedrohungen und Risiken, Energie zu verlieren. Und schnelle Entscheidungen?

Dunkler Parkplatz, eine schwarz gekleidete Gestalt taucht plötzlich auf: Weiter machen, als wäre nichts? Erstarren, Flüchten, notfalls kämpfen?

Keine Zeit für Überlegungen. Die neuronalen Netze müssen blitzschnell die Lage erfassen, beurteilen und die nötigen Handlungen in Gang setzen. Schnelle Entscheidungen sind nur auf untersten Schichten der neuronalen Netze möglich. Diese sind auf kurzem Wege „fest verschaltet“ und liefern eine Entscheidung fast in „Echtzeit“, falls sie nicht durch Überforderung gänzlich streiken.

Zwar ist jeder Mensch für überraschende Szenarien mehr oder weniger gut mit Notprogrammen ausgestattet, die „automatisch“ in Aktion treten, z.B. Kampf oder Flucht. Besser noch, wenn durch Wissen und Übung die neuronalen Netze bereits trainiert sind und man auf eine Gefahr „gefasst“ ist.

Biegt man um eine Ecke, damit „rechnen“, dass etwas entgegenkommt.

Wie beim obigen künstlichen Netz liegen dann die Handlungsmöglichkeiten bereits im eigenen neuronalen Netz im Gehirn gespeichert vor und können in der Situation ohne Zeitverzögerung abgerufen und umgesetzt werden.

Fazit: Da der Energieverbrauch des Gehirns den begrenzenden Faktor darstellt, ist es wahrscheinlich, dass die neuronalen Netze „geschichtet“ sind: Untere Schichten sind grob gerastert, aber schnell und energiesparend, obere Schichten fein auflösend, durch viele Inputs aber langsam und energiezehrend.

Das Gehirn ist gezwungen, je nach Situation und Höhe des seelischen Pegels mehr untere oder eher obere Schichten der neuronalen Netze zur Berechnung der zielführenden Handlung heranzuziehen.

Dies war Teil 7 aus der Reihe Mensch 2.0. Lesen Sie gerne auch die restlichen Beiträge aus der Reihe.

 

Über den Autor

Dr. Wolfgang Issel
Dr.-Ing. Wolfgang Issel ist Diplomphysiker und führt ein Ingenieurbüro für Neuentwicklungen – darunter fällt beispielsweise die Entwicklung von humanoiden Robotern hin zu der Fähigkeit selbstständiger Entscheidungen und Empathie.
 
Eines seiner aktuellen Projekte ist die „Psycho-Mathematik“: Dieser Begriff beschreibt die bereits fortgeschrittene Entwicklung eines mathematischen Algorithmus zur Modellierung menschlichen Verhaltens in unterschiedlichen Situationen (Human Analytics), auch im Zusammenwirken mit KI. Der Einsatz von Psycho-Mathematik beispielsweise in Führungsseminaren ist für die Zukunft geplant.

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