Matathia, Ira / Salzmann, Marian: Next – Wie sieht die Zukunft aus?

Matathia, Ira / Salzmann, Marian: Next. Wie sieht die Zukunft aus?, Econ Verlag, Düsseldorf 1998. 495 Seiten.

Themen: Büro, Dienstleistungen, Marketing, Telearbeiter.

Abstract
Die US-amerikanischen Werbeexperten haben in Großstädten verschiedener Länder nach verschiedenartigsten Trends Ausschau gehalten und wollen mit deren Aufzeichnung einen „Reiseführer in die Zukunft“ geben.

Inhaltsverzeichnis
Inhalt (Auszug):

Lifestyle
Dienstleistungen
Geräte
Seelenleben
Lust und Liebe
Familienleben
Wohnen
Arbeiten

Bewertung
Ein Katalog der Beliebigkeit, dessen Verfasser ein gutes Gespür für Trends haben.

Inhalt

Einleitend wird ein Überblick über das gegeben, was die Autoren „Big Nexts“ nennen, oder anders gesagt über ‚Megatrends‘. Hier heben sie hervor, dass sich die Kunden stark an Marken orientieren würden, weil der Wiedererkennungseffekt einer Marke unter Bedingungen einer sehr unsicher erscheinenden Zukunft Halt geben kann. Betont wird auch, dass es neben den Tendenzen hin zum „Globalen“ auch Tendenzen zum „Hyperlokalen“ gäbe; beides, sagen die Autoren, könne durchaus nebeneinander bestehen. Massenprodukte der Zukunft hätten dreierlei Charakteristika: globale Relevanz, hyperlokale Attraktivität und Verbindungen zu zahlreichen Nischen (S. 50). In der Welt von morgen, auch dies eine der generellen Aussagen des Buchs, sei die Privatsphäre tot; dabei interpretieren die Autoren diese wirkliche oder angebliche Tendenz als einen Freiheitsgewinn, da mit dem Öffentlich-Werden von allem und jedem auch persönliche Ticks, Perversitäten und Ähnliches als normal angesehen werden würden.
Ohne nähere Begründung erachten die Autoren u.a. folgende „Nexts“ für relativ wichtig:
— In Zukunft würde man nicht nur auf harte Nachrichten, sondern auch auf weiche Stimmen hören.
— Im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit seien menschliche Attitüden gefragt.
— Informelle Netzwerke würden bedeutsam werden.
— Die Elternrolle würde als wichtigster Beruf des nächsten Jahrzehnts angesehen werden.
— Das Erkennen persönlicher Wünsche gewinne zusehends an Bedeutung.
Die weiteren „Nexts“ sind in Rubriken eingeteilt. Ich greife häppchenweise in den langen Katalog hinein:

Lifestyle
Der Trend gehe zum Einfachen, auch zu den einfachen Freuden des Lebens. Die Einfachheit werde sich auch in der Kleidung ausdrücken, dadurch, dass nicht mehr prall gefüllte Kleiderschränke wünschenswert erscheinen, sondern eher wenige genau passende Basiskleidungsstücke. Überhaupt werde das Sammeln von Erfahrung wichtiger werden als das Sammeln von Dingen. Bedeutend würden auch nichtmaterielle Techniken wie Sich-Entspannen oder Abschalten. Als eine zukunftsträchtige Technik, die materielle Hilfsmittel verlangt, wird VRTV genannt (Virtuell Reality TV), mit der Möglichkeit, sich durch spezielle Kopfhörer in Fernsehsendungen zu bewegen. Im übrigen würden virtuelle Kaufhäuser sich neben den physischen entwickeln, und das Online-Einkaufen eine Selbstverständlichkeit werden.

Dienstleistungen
Spezielle Services, die von irgendeiner Personengruppe (z.B. benachbarte Hauseigentümer) gemeinschaftlich genutzt werden, seien im Kommen. Es werde Versicherungen jeglicher Art geben. Sowohl der Bereich persönlicher Dienstleistungen (z.B. Online-Rechercheure, Ausbildungsberater) wie auch der Bereich geschäftlicher Dienstleistungen (beispielsweise Büroausstattungsverleiher, Coaches für Topmanager) werde sich weiterentwickeln. Zudem werde die digitale Unterschrift die Abwicklung von Dienstleistungen erheblich vereinfachen.

Geräte
Als bemerkenswerte Geräte der Zukunft werden Schlafmaschinen (die Tiefschlaf ermöglichen) und Rasenmäher-Roboter genannt.

Seelenleben
Spirtuelle Symbole würden Einzug ins tägliche Leben halten. Künstliche Umgebungen für ’natürliche‘ Heilungen wie etwa Kapseln für meditative Stille, Vorrichtungen für den Genuss jonisierter Atemluft oder Tageskurzentren würden gefragt sein.

Lust und Liebe
„Elektronische Intimität“, auch Silikonsex oder Online-Sex genannt, sei auf dem Vormarsch, begünstigt durch Wünsche nach größtmöglicher Spezifizierung von Partnern. Bei Männern seien Mode und Schönheitssalons trendy, bei Frauen die Jungfräulichkeit vor der Ehe; hier gäbe es auch eine virtuelle Variante: sich zu einer derart jungen Frau zu erklären…
Was die Geschlechtsunterschiede generell betrifft, heben die Autoren die Gleichzeitigkeit von gegenläufigen Trends hervor, indem die Unterschiede teils verwischt und teils betont werden.

Familienleben
Auch hier gehen, durch Diversifizierungen von Frauenrollen, Trends gleichzeitig in verschiedene Richtungen. Monogamie stehe hoch im Kurs, ebenso Mutterschaften ohne bleibenden Partner, und genau so Frauenkarrieren ohne Kinder.
Eine deutliche Tendenz sei auch die Erweiterung des Familienverbands, indem etwa „Co-Eltern“ in Aktion treten; wegen dieser Tendenz sei das Buch „It takes a village“ — um ein Kind aufzuziehen, zum Bestseller geworden.

Wohnen
Im Jahr 2000, so die Statistik, hätten nur noch ein Viertel der US-amerikanischen Haushalte die Form der herkömmlichen, aus den Eltern und zwei oder mehr Kindern bestehende Kernfamilie (S. 211). Zur gleichen Zeit gibt es in 38 Prozent der US-Haushalte mindestens eine Person, die zuhause Erwerbsarbeit verrichtet (S. 287).

Arbeiten
Für Designer von Heimbüros sei ein Hauptproblem, ob man die Einrichtung „wie zu Hause“ einrichten solle oder „wie im Büro“. Der Trend, sagen die Autoren, gehe in die letztere Richtung; als Grund geben sie an, dass es nicht einfach sei, sich an einem gemütlichen Ort zur Arbeit aufzuraffen. Die Autoren sagen allerdings nicht, ob dies an einem ungemütlichen Ort einfacher ist.
Ausführlich wird auf die Umgestaltung moderner Büros eingegangen. Die Haupttendenz sei, ungenutzte Arbeitsfläche zu reduzieren, wofür der Name des Büroanalysisten Jay Chiat steht. Als Konsequenz seiner Analysen ergab sich für Kundenteams, dass 50 Prozent der Bürofläche den Teams dauerhaft und 20 Prozent ihnen zeitweilig zur Verfügung stehen sollte. Als ein Kern seiner Reform gilt die Umorganisation der Info-Ablagen in ein elektronisches Format so, dass die Mitarbeiter (online) direkten Zugang zu ihnen haben.
Ein Motiv für die Einführung von Telearbeit hängt offenbar gleichfalls mit den Büroarbeitsflächen zusammen, und zwar im Sinne einer deutlichen Reduktion der Kosten für solche Flächen. Der Kommunikationsriese AT & T, so wird berichtet, habe 50 000 Mitarbeiter in Telearbeiter verwandelt und dadurch jährlich 80 Mio. Dollar eingespart (S. 287).

Von den zahlreichen „Nexts“ des Buchs seien noch folgende genannt:
— „Massenmarketing ist passé“, persönliches Marketing gefragt. Beispiel: American Airlines ruft seine Vielflieger-Kunden an, um sie zu fragen, wie man ihren Flug angenehmer machen könnte.
— Der Markenaufbau im Cyberspace laufe über Inhalte. Beispiel: Adidas bringt Sportnachrichten, Sportlerprofile, Interviews. Ähnlich wird von Marty Cooke’s New Yorker Ideenfabrik berichtet, dass in ihr Bildung und Unterhaltung als Elemente der Marketingkommunikation großgeschrieben sind.

16.11.2001; MF