Führen im digitalen Zeitalter

Führen im digitalen Zeitalter
Digitalisierung hin oder her: Auch künftig werden Führungskräfte Menschen führen – und keine Maschinen oder Algorithmen. Das sollten sie sich immer wieder ins Bewusstsein rufen. Barbara Liebermeister, Leiterin des Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), zeigt in 12 Thesen, wie es klappt.

1. Persönlichkeit lässt sich nicht digitalisieren

Menschen bleiben Menschen, daran ändern auch die inno- vativsten Informations- und Kommunikationstechnologien nichts. Deshalb erfordert die zunehmende Digitalisierung sogar ein Mehr an Sozialkompetenz und Empathie in den Unternehmen – denn den Mitarbeitern fehlen in der von permanenter Veränderung und geringer Planbarkeit gepräg- ten VUCA-Welt zunehmend der gewünschte Halt und die benötigte Orientierung.

2. Menschen können nur durch Menschen geführt werden

Skype, iPhone und Co. vereinfachen zwar häufig unser Leben – jedoch ersetzt kein Computerpro- gramm der Welt agile Führungspersönlichkeiten,die für die Menschen in ihrem Umfeld Impuls- und Ideengeber sowie Motivatoren sind.

3. Führungskraft – lieber Menschenkenner als Fachexperte

Führungskräfte haben immer seltener ei- nen Wissensvorsprung vor ihren Mitarbeitern. Sie müssen auf deren Expertise undLoyalität vertrauen. Stattdessen wird es zu einer Kernaufgabe von Führung, Spezialisten be- ziehungsweise Mitarbeiter mitSpezialwissen in Teams ein- zubinden und deren individuelle Stärken zu fördern.

4. Kreativität ist nicht programmierbar

Kreativität ist eine Voraussetzung für Innovation und eine der zentralen Fähigkeiten, die uns Menschen von Maschinen unterscheidet. „Teamspirit entwickeln“, „Konflikte lösen“ und „Identifikation mit dem Job schaffen“ – bei diesen Auf- gaben helfen nur agile Führungspersönlichkeiten undkeine Nullen und Einsen.

5. Fachexperte

Führungskräfte haben immer seltener einen Wissensvorsprung vor ihren Mitarbeitern. Sie müssen auf deren Expertise und Loyalität vertrauen.Stattdessen wird es zu einer Kernaufgabe von Führung, Spezialisten be- ziehungsweise Mitarbeiter mit Spezialwissen in Teams ein- zubinden undderen individuelle Stärken zu fördern.

6. Das Prinzip von Befehl und Gehorsam hat ausgedient

Moderne Führungskräfte sind keine Alles-besser- Wisser – und Anweisungen wie „Tue dies oder das, dann haben wir Erfolg“ sind heutzutage nichtmehr zielführend. Führungskräfte und ihre Mitarbeiter müssen sich vielmehr auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam im Prozess er- mitteln, welcheLösungen zielführend sind.

7. Die Antwort auf die Technisierung lautet: Mehr emotionale Intelligenz

Je mehr emotions- und seelenlose Technik in den Unternehmen und ihrem Umfeld zum Einsatz kommt, umso bewusster müssen wir denpersönlichen, emotionalen Umgang miteinander su- chen und gestalten. Deshalb steigt die Bedeutung von emo- tionaler Intelligenz für den Führungserfolg.

8. Führung muss Orientierung, Halt und Sicherheit geben

Je diffuser, instabiler und von Veränderung geprägter das Unternehmensumfeld ist, desto stärker seh- nen sich die Mitarbeiter nach Orientierung und Halt sowie Sicherheit. Dieses Bedürfnis können letztlich nur ihre Füh- rungskräfte  befriedigen,  wenn  sonst  alles  im  Umfeld „schwankt“. Das setzt einen vertrauensvollen und wert- schätzenden Umgang miteinander voraus.

9. Führung heißt, Menschen erreichen und Sinn stiften

Die „digital natives“ der Generation Y lassen sich durch die Aussicht auf Prestige und Status im Job kaum beeindrucken und emotional binden. Vielmehrstehen für die Leistungsträger von morgen Sinnsuche und Selbstverwirkli- chung im Vordergrund. Ähnlich ist dies bei den Leistungs- trägern von heute, dieoft „digital immigrants“ sind. Auch sie wollen bei Vorhaben wissen: „Warum?“, und fragen sich: „Was bedeutet das für mich – beruflich und privat?“ Gefragtsind deshalb kreative Führungsmethoden, die die individuellen, persönlichen Bedürfnisse berücksichtigen.

10. Führung ist Beziehung – Leader aus Fleisch und Blut sind gefragt

Sich als Chef  kurz Zeit nehmen, sich zusammensetzen und Probleme und Verbesserungsvorschläge gemeinsam erörtern ist allemal besser als eine emotionslose E-Mail zu senden – denn hierbei sind die Führungskraft und der Mitarbeiter nicht als Mensch erfahr- bar. Körpersprache und Tonalität, Mimik undGestik gehen verloren. Missverstände sind somit vorprogrammiert, die sich negativ auf die Beziehungsqualität auswirken.

11. Führungskräfte müssen zu einer „Marke“ werden

Führungskräfte sollten sich ihrer Werte, Überzeu- gungen und Stärken bewusst sein und diese kommunizie- ren, damit sie für ihre Mitarbeiter zu einer unverwechsel- baren „Marke“ werden. Denn nur wer authentisch ist und erkennbar zu seinen Werten und Überzeugungen steht, gewinnt das Vertrauen von Menschen – also auch das der Mitarbeiter.

12. Ohne Vernetzung läuft nichts

1.000 Facebook-Freunde kann jeder haben und notfalls kaufen. Sich offline zu vernetzen ist wesentlich aufwendiger, jedoch erfolgsent- scheidend. Kontakte und Beziehungen können zwar online angebahnt werden, doch Vertrauen setzt persönliche Begeg- nung voraus. Professionelles Netzwerken erfordert dasBes- te aus beiden Welten.

Über die Autorin: Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt, und ist Autorin von „Digital ist egal: Mensch bleibt Mensch – Führung entscheidet“.