Bauer, Sven: Management der Telearbeit und Telemanagement

Bauer, Sven: Management der Telearbeit und Telemanagement, Universität Tübingen 1998. 111 Seiten.

Themen: Management der Telearbeit, Telearbeit, Telekooperation, Telemanagement.

Abstract
Eine von aktuellen Theorien angeleitete Untersuchung zur Telearbeit wird vorgestellt, mit Vorschlägen zu ihrer Ausgestaltung.

Inhaltsverzeichnis
1 Einführung — S. 1

2 Telearbeit im Wandel — S. 3

3 Telearbeit aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik — S. 10

4 Theoretische Grundlagen der empirischen Untersuchung — S. 18

5 Ergebnisse — S. 47

6 Gestaltungshinweise — S. 60

7 Zusammenfassung — S. 69

Bewertung
Eine ausgezeichnete Dipomarbeit (ausgezeichnet auch mit dem Dr.-Wolfgang-Heilmann-Preis der Integrata-Stiftung).

Inhalt

Dem einführenden 1. Abschnitt zufolge ist Zweck der Arbeit, eine empirisch gestützte Erklärung für die Barrieren der Ausbreitung von Telearbeit (in Deutschland) zu geben, mit dem Ziel der Überwindung dieser Barrieren.

Es folgt im 2. Abschnitt eine Besprechung der vorhandenen Definitionen von Telearbeit, die als intrraorganisationale Organisationsform von der Telekooperation als interorganisationaler Organisationsform abgegrenzt wird. Als Rahmenbedingungen, die diese neuen Formen der Organisation von Arbeit auf den Plan gebracht haben, wird ein durch folgende Punkte charakterisierter Wertewandel ins Auge gefasst:
* Anspruch der besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
* Gestiegene Anforderungen an Arbeitszufriedenheit und Arbeitsqualität
* Streben nach Eigenverantwortung und persönlicher Entfaltung
* Bedeutungsgewinn von ökologischer Zielen (S. 5)

Abschnitt 3 behandelt Telearbeit aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik, speziell ihrer „Tübinger Prägung“. Diese verstehe Informations- und Kommunikationssysteme in anthropozentrischer Weise als technische Mittel zur Bewältigung von Aufgaben, die sich Menschen gestellt haben. (S. 10 f)
Als ein Kernproblem sieht Bauer, dessen Untersuchung auf das Spannungsfeld Individuum vs. Organisation konzentriert ist, die Frage, inwieweit mit dem Vordringen der Telearbeit in neue Aufgabenbereiche herkömmliche Führungsmethoden verändert werden müssen.

Im 4. Abschnitt werden zwei theoretische „Brillen“ beschrieben, die für den empirischen Teil der Arbeit von Belang sind.
Das eine Instrument ist die Anreiz-Beitrags-Theorie. Sie geht davon aus, dass Organisationen Individuen durch Gewährung von Anreizen (inducements) zur aktiven Teilnahme an der Organisation bewegen; im Gegenzug fordert die Organisation von den Teilnehmern Beiträge (contributions). Kritisch wird dieser Theorie gegenüber bemerkt, dass die jenseits monetärer Bedingungen liegenden Motive, welche die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer Organisation bestimmen, von der genannten Theorie her nur schwer erfasst werden können.
Das andere Instrument ist die Prinzipal-Agent-Theorie. Sie geht davon aus, dass ein Prinzipal (z.B. Arbeitgeber) einem Agenten (z.B. Arbeitnehmer) eine Aufgabe dann überträgt, wenn dieser sie zu geringeren Kosten erledigen kann als der Prinzipal. Dabei wird unterstellt, dass die Beteiligten sich im Sinne einer individuellen Nutzenmaximierung, d.h. tendenziell opportunistisch verhalten. Kritisch wird hier von einem einseitigen, „pessimistischen“ Menschenbild gesprochen.
Im Licht dieser Theorien wird nun gefragt, welche Veränderungen sich mit der Einführung von Telearbeit ergeben; dies vor allem in zweierlei Hinsicht: (a) Welche zusätzlichen Anreize und Beiträge ergeben sich? Werden durch Telearbeit die Agency-Kosten (Kosten aufgrund der Aufgabenübertragung vom Prinzipal auf den Agenten) berührt? Mittels einer empirischen Untersuchung an einem Telearbeit-Pilotprojekt im Halbleiterbereich der Siemens AG sollen zu diesen Fragen Antworten gefunden werden.

Die im 5. Abschnitt dargestellten Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen folgendes: (ad a) Zusätzliche Anreize durch Telearbeit gibt es eindeutig auf Seiten der Mitarbeiter, besonders wegen besserer Vereinbarkeit von Berufs- und Arbeitsleben, Zeitsouveränität und Arbeitsqualität; das Anreizniveau der unmittelbaren Vorgesetzten dieser Mitarbeiter bleibt demgegenüber weitgehend unverändert, mit einer gewissen Tendenz zu gesteigerten Anforderungen (insbesondere durch Informationsversorgung und Kontrolle der Arbeitsergebnisse). Der Autor folgert hieraus, dass Barrieren zur Verbreitung von Telearbeit keinesfalls auf Seiten der Mitarbeiter zu suchen sind, wohl aber bei deren unmittelbaren Vorgesetzten.
(ad b) Die Agency-Kosten werden durch Telearbeit direkt nicht wesentlich betroffen, aber indirekt. Um zusätzlichen Agency-Kosten aus dem Weg zu gehen, würden die Führungskräfte potentieller Telearbeiter sich nämlich hinsichtlich der „Eignung“ ihrer Mitarbeiter zur Telearbeit konservativ verhalten.

Der 6. Abschnitt enthält Gestaltungsvorschläge zur Transformation ’normaler‘ Arbeitsverhältnisse in Telearbeitsverhältnisse. Mit kritischer Stoßrichtung gegen das „Management by Objectives“, das bei kreativen Arbeiten seine Grenze finde, wird für ein Arbeiten mit sogenannten psychologischen Verträgen plädiert, die hochgradig individualisierbar sind. In ihnen haben Größen wie wie „Berufsehre“, „Loyalität“, „Gewissenhaftigkeit“ Platz. Für den Autor liegt der Zweck solcher Verträge in den Möglichkeiten zur Vertrauensbildung, als wechselseitiges Vertrauen ineinander und als Selbstvertrauen.

Zusammenfassend wird im 7. Abschnitt ausgesagt, dass der „Schlüssel zur Verbreitung der Telearbeit“ im „mittleren Management“ liegt. Damit die entsprechenden Führungskräfte ihren Schlüssel ausgiebig benutzen, müssten für sie „Anreizsysteme“ geschaffen werden — wobei der Leser allerdings nur raten kann, um welche Art von Anreizen es sich handeln könnte.

14.11.2001; MF