Glaser, Wilhelm (Hrsg.): Telezentren – Zukunft oder schon Vergangenheit? – Telearbeit in Sternenfels

Glaser, Wilhelm (Hrsg.): Telezentren — Zukunft oder schon Vergangenheit? Telearbeit in Sternenfels, Kohlhammer Verlag Stuttgart 2000. 216 Seiten.

Themen: Innovationszentrum, Lernstatt, Telearbeit, Teleservice, Teleservice-Center.

Abstract
Eine Untersuchung über ein schwäbisches Dorf, in dem die moderen Informations- und Kommunikationstechnologie Einzug hält, wird vorgestellt, nebst weiteren Beiträgen zur IuK-Technologie in ländlichen Räumen.

Inhaltsverzeichnis
(1) Telezentren — Zukunft oder schon Vergangenheit? (W. Glaser)

(2) Bevölkerungsbefragung in Sternenfels (Glaser/Glaser/Kuder)

(3) Telearbeit und Telekommunikation (Kreilkamp)

(4) Erfahrungen mit Telezentren in Deutschland und im Ausland (Korte)

(5) Kunden (Gerhäuser/Ulrich)

(6) Telearbeitszentren in Nordrhein-Westfalen (Schuchardt/Schwetje)

(7) Vom Sandbauerndorf zum Dorf der Zukunft (Gutjahr)

(8) Neue Erwerbsbasis für das Dorf (Schöfl)

(9) Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (Rehfeldt/Gurland)

(10) Das Programm top elf (Jändl)

(11) Tele-Service-Zentren zur Strukturverbesserung ländlicher Räume (Baumgartner)

Bewertung
Was das Dorf Sternenfels anlangt: eine vorbildliche Monographie.

Inhalt

(1)
W. Glaser diskutiert zunächst die revolutionären Wandlungen durch die modernen Informationssysteme in Bezug auf die Büroarbeit, die ihrem Wesen nach schon immer Informationsverarbeitung gewesen sei. Vernetzte Rechner würden nicht nur die routinemäßige Verarbeitung von Informationen übernehmen, sondern auch ihre komplette Speicherung und ihren Transport.
Ausgangspunkt der Telearbeit ist nach Glaser die Tatsache, dass Menschen zum Zweck des Arbeitens nicht mehr dauernd räumlich zusammenkommen müssen, womit ein Grundpfeiler der industriellen Arbeitsweise ins Wanken gekommen sei. Ob als alternierende oder als mobile Telearbeit oder als Telearbeit in Nachbarschafts- bzw. Satellitenbüros, als zentrale Frage wird gestellt: Bringt sie neue Arbeitsplätze? Glaser neigt zur Bejahung der Frage, weil junge leistungsfähige Unternehmen zur Einführung von Telearbeit neigen. Aus vier Gründen erscheint ihm die Verbreitung dieser Form des Arbeitens als sicher: Erstens wegen ihrer Rationalisierungswirkung auf den Bürobetrieb (erhöhte Flexibilität, größere Kundennähe, Einsparung von Büroraum). Zweitens wegen ihrer positiven Wirkung auf die Produktivität der Arbeit (wachsende Qualität und Quantität pro Zeiteinheit). Drittens wegen der Vorteile für die direkt Betroffenen, weshalb Telearbeit zum Teil schon gefordert werde. Viertens wegen der ökonomisch und ökologisch sinnvollen Verringerung und Entzerrung des Pendlerverkehrs. (S. 3)
Im schwäbischen Sternenfels, einem von der Schließung einer großen feinmechanischen Firma betroffenen ländlichen Ort, wurde nun in einer großangelegten Studie konkret nach dem gegen-wärtig aktivierbaren Potential für Telearbeit gefragt. Glaser berichtet, dass man sich nicht zuletzt aus Gründen der Werbung für Telearbeit (im Allgemeinen) zu einer Gesamterhebung in Sternenfels entschlossen hat. Am Schluss seiner Einführung erläutert der Autor, weshalb er — der Titel des Buchs deutet bereits darauf hin — Telezentren nicht per se für zukunftsträchtig ansieht: weil schon viel Geld in solche Zentren geflossen ist, ohne dass ökonomisch tragfähige Strukturen und Zukunftsperspektiven für die vor Ort Betroffenen entstanden seien. „Für Sternenfels stellte sich also die Frage, wie bekannte Strukturelemente so kombiniert werden können, dass daraus wirtschaftliche und soziale Impulse zur Belebung des ländlichen Raumes werden.“ (S. 5)

(2)
Die Bevölkerungsbefragung zu einem Innovationszentrum in Sternenfels wurde schriftlich durchgeführt; Rücklaufquote 41 %. Durch eine Nachbefragung per geschichteter Zufallsstichprobe zeigte sich, dass die Verzerrung der Ergebnisse als gering anzusehen ist, in der Hauptbefragung also eine gute Repräsentativität gewährleistet war. Ein wichtiges Ergebnis war, wie die Befragten die bei ihnen gegebenen Voraussetzungen für Telearbeit beurteilt haben. Als „völlig erfüllt“ wurden sie von den folgenden Anteilen der Befragten gesehen:

* Hoher Anteil Schreibtischarbeit 21 % der Befragten
* Hoher Anteil Computerarbeit 22
* Ausgedehnte Phasen konzentrierter Einzelarbeit 19
* Klar definierte Arbeitsergebnisse 16
* Weitgehend selbständiges Arbeiten 36
* Leicht nach Hause mitzunehmende Arbeitsunterlagen 17
* Häusliche Arbeitsecke/Arbeitszimmer 31
(S. 15)

Um den Entwicklungsstand der Einwohner von Sternenfels auf dem Weg zur Informationsgesellschaft zu erkunden, wurde nach Besitz und Nutzung von privaten Computern gefragt. Zur Überraschung der Untersuchenden gab es bereits in jedem zweiten Haushalt von Sternen-fels einen Computer. Die Frage nach Besitz eines Privatcomputers wurde bejaht von 63 % der beschäftigten Männer und von 55 % der beschäftigten Frauen; bei den Nicht-Beschäftigten führten die Frauen mit 47 % vor den Männern mit 36 %. (S. 57)
Die Zahlen zur Nutzung des Computers stehen hinter diesen Zahlen nicht wesentlich zurück: Beschäftigte Männer 53 %, beschäftigte Frauen 46 %; nichtbeschäftigte Frauen 30 %, nicht-beschäftigte Männer 28 %. Diese Ergebnisse werden von den Autoren (durch grobe Vergleichs-möglichkeiten) dahingehend gedeutet, dass hinsichtlich der ‚Computerisierung‘ der untersuchte ländliche Raum hinter städtischen und großstädtischen Verhältnissen nicht zurücksteht. (S. 57 – 59)
Bei den Beschäftigten in Sternenfels zeigten sich 20 % persönlich an mindestens einem Tag pro Woche am Telearbeiten interessiert; Geschlechtsunterschiede spielten hier keine Rolle. (S. 76) Was die Einführung von Telearbeit in Sternenfels anlangt, war die Zustimmung zur Telearbeit im Allgemeinen allerdings größer als die Zustimmung zu einem Telearbeitszentrum (S. 79). Gefragt nach den relativen Vorteilen von Telearbeit in einem Zentrum und zu Hause, wurden für das Zentrum technische und organisatorische Vorteile hervorgehoben, für die häusliche Situation demgegenüber Wahlfreiheit in der Arbeitszeit und bessere Abstimmungsmöglich-keiten (S. 81 f). Auf die Frage, ob sie selbst daran interessiert sind im Telearbeitszentrum zu arbeiten, antworteten mit ‚Ja‘ 7 % der Nicht-Beschäftigten und 6 % der Beschäftigten. (S. 83)

Insgesamt zeigt die Untersuchung bei den Einwohnern von Sternenfels eine hohe Akzeptanz für das dort geplante Innovationszentrum. Für dessen einzelnen Teile, nämlich einem Bürgerbüro mit öffentlichen Dienstleistungen, privaten Dienstleistungen und einer Telestation (Telearbeits-zentrum) war das uneingeschränkte Interesse daran wie folgt verteilt:

— private Dienstleistungen 70 % der Befragten
— Bürgerbüro 66
— Telestation 28
(S. 97)

Als Fazit der Studie stellen die Autoren fest: „Von der Art der Arbeit, der Einstellung, dem Interesse und der Qualifikation her stehen mindestens 10 % der Beschäftigten für Telearbeit heute schon bereit. Die Unternehmen müssen jetzt die Vorteile erkennen, die ihnen die Telearbeit bringt, und sie müssen sich den dazu nötigen Änderungen in Führungsstil und Unternehmenskultur öffnen.“ (S. 98)

(3)
Peter Kreilkamp arbeitet in seinem Beitrag heraus, dass in strukturschwachen ländlichen Regionen Europas (den sogenannten 5b-Regionen), durch die EU-Agrarreform eine kritische Situation zu erwarten sei, indem der ohnehin bestehende Bedarf an außerlandwirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeit weiter erhöht und die Abwanderungsgefährdung weiter verstärkt wird; in erster Linie sei eine Vielzahl kleiner landwirtschaftlicher Betriebe davon betroffen, wobei hier die Qualifikationen der Kinder der Landwirte in ein krasses Missverhältnis zu den Arbeitsmöglichkeiten zu kommen droht.
In dieser Situation komme der Telearbeit und Telekommunikation in solchen ländlichen Räumen auch in strukturpolitischer Hinsicht eine außerordentlich wichtige Aufgabe zu. Es gehe darum, dass die entsprechenden ländlichen Gemeinden ihre Chancen für telekommunikatives Arbeiten erkennen. Wie Sternenfels und andere Dörfer zeigen, hänge der Erfolg der Vorhaben wesentlich vom Engagement lokaler Persönlichkeiten — in Sternenfels der Bürgermeister — ab. (S. 99 – 107)

(4)
Über Erfahrungen mit Telecentern in verschiedenen Ländern schreibt Werner Korte. In Deutschland habe es in den frühen Achtzigerjahren eine zunächst als Satelliten- oder Nachbarschaftsbüros, dann auch als Telezentren bezeichnete Welle von Gründungen gegeben, von denen wenige überlebten. Mitte der 90er Jahre seien solche Zentren wieder aktuell geworden; sie als Telearbeitszentren zu verkaufen, sei allerdings mangels Überzeugungskraft misslungen. Einige wenige Einrichtungen wie z.B. TeleService Fränkische Schweiz (mit einem Fraunhofer-Institut verbunden) könnten trotz ihrer ungeklärten Rolle am Markt existieren. Die Aussichten von neuen, rein kommerziellen Telezentren in Städten seien unbestimmt.
Anders als in Deutschland hätten sich in Großbritannien und Irland die dort so genannten Telecottages kontinuierlich entwickelt. Ursprünglich seien sie auf ländliche Räume ausgerichtet worden, um Trainingsmöglichkeiten in IuK-Technologien zu bieten und verschiedene Dienste anbieten zu können; ein Problem sei, dass in vielen Fällen ein klarer kommerzieller Focus fehlt.

Ähnliche Erfahrungen habe man in Finnland gemacht. In Frankreich sind in den Neunzigerjahren staatliche Förderprogramme in ländlichen Regionen aufgelegt worden, etwa 200 Projekte betreffend; unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit müsse man im Allgemeinen von einem Fehlschlag sprechen. Zu den Ausnahmen gehöre ein Projekt namens Telergos, das sich auf einen Übersetzungs-Service spezialisiert hat. In den USA spricht man von höchstens mäßigen Erfolgen mit Telecenters; Venture Capital sei ihnen fern geblieben, ungefähr die Hälfte von ihnen habe überlebt.

Insgesamt beurteilt Korte die Telezentren nach den gemachten Erfahrungen zurückhaltend; doch schreibt er ihnen Funktionen zu, wo sie
— im ländlichen Raum die Bevölkerung mit den Kommunikationstechnoloien vertraut macht
— Serviceleistungen in einer gewerblichen Umgebung geboten werden.

(5)
Heinz Gerhäuser und Rainer Ulrich berichten über das seit vier Jahren bestehende Projekt TeleService Fränkische Schweiz. Die Besonderheit dieses Service-Projekts liegt darin, dass alle Kosten durch Aufträge gedeckt werden sollen; für diese übernahm allerdings die Fraunhofer-Gesellschaft als eine Art Patenfirma eine Auftragsgarantie.
Beispiele für durchgeführte Auftragsprojekte sind ein Konferenzservice, Desktop Publishing (Broschüren etc. werden vom Lay-out her gestaltet), WEB-Design, Datenbankwartung, Mailing-Aktionen.

(6)
Über Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen berichten Jochen Schuchardt und Ute Schwetje (TA Telearbeit). In diesem Bundesland sei der Wandel von (schwer)industriellen Unternehmen zu Dienstleistungsunternehmen deutlich zu beobachten; der Saldo von wegfallenden Arbeitsplätzen im ersteren und neu hinzukommenden im zweiteren Bereich sei allerdings immer noch negativ. Das Land NRW würde hier Telearbeit in Telearbeitszentren fördern, um Nicht-Beschäftigte oder von Erwerbslosigkeit Bedrohte möglichst schnell in neue Arbeit zu setzen.

(7)
Die Entwicklung von Sternenfels wird von Michael Gutjahr beleuchtet. Anfang des 20. Jahrhunderts durch die feinmechanische Firma Schweitzer von einem Bauerndorf zu einem industriell geprägten Dorf gewandelt, wandelte es sich mit der Schließung ebendieser Firma am Ende des 20. Jahrhunderts erneut. Sehr bemerkenswert sind die gezielten Aktionen, die diesen Wandel begleiten:
— eine vom Areal der Firma Schweitzer ausgehende Machbarkeitsstudie unter Federführung des Architekten Prof. Schöfl/Ludwigsburg zur Entwicklung eines Gründerzentrums und Ähnlichem
— die Gesamtbefragung der Einwohner von Sternenfels unter Federführung des Psychologen Prof. Glaser/Tübingen — s. Punkt (2) der vorliegenden Besprechung
— Bürgerversammlungen, Workshops, Beratungen etc., mit denen ein breites Interesse in der heimischen Bevölkerung geweckt wurde
— eine Studie zur Frage der Akzeptanz der Planungen in der Bevölkerung
— ein an Frauen gerichtetes Projekt zur Telearbeit mit Kontakten (Patenschaften) zur regionalen Wirtschaft.
Weiter spricht Gutjahr (als Verantwortlicher) von dem als Gemeinschaftsprojekt Baden-Württembergs in Sternenfels angesiedelten Tele-Service-Center; hierzu gehört auch die Akademie Sternenfels, die auf zwei Themenkomplexen aufgebaut ist: a) Telearbeit im weitesten Sinn, b) das Dorf Sternenfels. (S. 139 – 149)

(8)
Günther Schöfl reflektiert am Beispiel Sternenfels über die IuK-Technologien als neue Erwerbsbasis für das Dorf. Drei grundlegende Entwicklungen würden neue Chancen bieten:
1. Der Aufbau einer Infrastruktur von interaktiver Telekommunikation
2. Ausweitung der im ländlichen Raum vorhandenen Dienstleistungspotentiale
3. Technologietransfer auch in ländliche Regionen
Zum ersten Punkt wird ausgeführt, die Bedingungen für den Aufbau der neuen Technologie seien günstig, weil in Sternenfels während der vergangenen zwei Jahrzehnte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten drastisch gesunken sei, zugleich aber wegen hoher Wohnqualität und niederen Baulandpreisen die Einwohnerzahl zugenommen hat.
Zum zweiten Punkt wird gesagt, dass die Wiedergewinnung von Beschäftigung in Sternenfels durch Aufsiedlung eines Gewerbeparks, durch Aufbau eines Stützpunktes für Existenzgründungen und durch Entwicklung der Telearbeit über die Akademie möglich sei.
Zum letzten Punkt wird dargelegt, dass ein Verbund mit vergleichbaren Zentren (z.B. Pfullendorf) die Einführung marktgerechter Online-Dienste fördern können. (S. 150 – 161)

(9)
Von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei Telearbeits- und Service-Centern handelt der Beitrag von Markus Rehfeldt und Rudolf Gurland (Deutsche Telekom). Als Erfolgsfaktoren für die Einführung von Telearbeit gelten ihnen:
— Die Dezentralisierbarkeit des Arbeitsprozesses
— Die Gewährleistung von Funktionalität und Prozessintegration
— Die Akzeptanz durch Mitarbeiter und Kunden
— Der betriebswirtschaftliche Nutzen
Bei den antizipierten Auswirkungen von Telearbeitsstrukturen sei es sinnvoll, zwischen monetär nicht erfassbaren (die in eine Nutzwertanalyse eingehen) und monetär erfassbaren (die in die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingehen) zu unterscheiden. Der große Vorteil von Telearbeit liege in der kürzestmöglichen Verbindung zwischen dem Arbeitenden und dem Kunden.
Für die Planung von Telearbeits- und Service-Centern empfehle sich, (1) mit einer regionalen Standortanalyse (u.a. Personalressourcen) zu beginnen, (2) ein Dienstleistungskonzept (Produkte, Kunden, Qualität) zu erstellen, (3) dann ein Marketingkonzept (Preise und Vertrieb, Kosten/Nutzen), (4) ein Organisationskonzept (darunter Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten), (5) ein technisches Konzept, (6) ein Betriebskonzept (z.B. Investitionen, Erträge), (7) Kauf/Miete der Immobilie, (8) endlich das Unternehmenskonzept mit Rechtsform, Partnern, Finanzierung, Verträgen, Budget.
Die Zukunft der betreffenden Center liege da, wo gezielt Kernkompetenzen entwickelt werden, die für die Märkte relevant sind. (S. 162 – 170)

(10)
Adolf Jändl (Bayrisches Landwirtschaftsministerium) berichtet vom Programm top elf zur Entwicklung des ländlichen Raums in Bayern. Im Kern zielt dieses (1997 gestartete) Programm darauf, in den sogenannten 5b-Gebieten in Bayern der Abwanderung der jungen Generation durch gezielte Entwicklung telekommunikativer Arbeit entgegenzusteuern. Dies geschieht mit massiver finanzieller Hilfe aus dem bayrischen Staatsbudget und EU-Mitteln.
40 Telezentren, als GmbH & Co. KG organisiert, mit etwa 600 Arbeitsplätzen sollen in den betreffenden Regionen entstehen, wobei diese in einem übergreifenden Virtuellen Unternehmen Bayern zusammengefasst sind (bei kostenlosem Anschluss an das Internet). Zu den Elementen des Unterfangens gehören Bürgernetzvereine, in denen auf ehrenamtlicher Basis die Bürger über Möglichkeiten und Nutzen der Telematik informiert werden; inzwischen gäbe es 40 solcher Vereine mit 140 000 Mitgliedern, wobei die Kosten über Mitgliedsbeiträge und Spon-sorengelder gedeckt werden. Gearbeitet wird in diesen Vereinen nach dem Lernstatt-Modell, d.h. jeder Bürger soll sich nach seinen eigenen Interessen durch Betreuer an vorhandenen Geräten instruieren lassen können; auch kann ihm bei der Auswahl benötigter Hard- und Software (unter Sonderkonditionen) geholfen werden, wobei weiterhin ein Teletutor ihm zur Verfügung stehen soll.
Im Unterschied zu den Bürgernetzvereinen sind die Telezentren selbst auf kommerziellen Betrieb und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Die Entwicklung von drei Feldern ist von ihnen gefordert: (1) Telearbeit; hier lägen nach den bisherigen Erfahrungen die Probleme einerseits in mangelnder Selbstorganisation auf Seiten des Telearbeiters, andererseits im Führungsverhalten der Vorgesetzten hinsichtlich Fragen der Kontrolle. (2) Lokales Informationssystem; die Elemente sind hier Geldangelegenheiten (z.B. Chipkarte), Gesundheitsinformationen, geogra-phische Informationen (auch im Hinblick auf innovative Verkehrssysteme und Tourismus) und Telelearning, das zu Hause nach individueller Zeiteinteilung und Lerntempo unter teletutorieller Begleitung stattfinden soll. (3) Qualifizierung für neue telematische Berufsfelder; diese soll vor allem aus den neuen Fortbildungsmöglicheiten durch die Telelearner – Teletutor-Beziehungen erwachsen.

(11)
Zum Abschluss erläutert Martin Baumgartner (Ministerium Ländlicher Raum Baden- Württemberg) stichwortartig die Strukturverbesserung ländlicher Räume durch Tele-Service-Zentren.
— Betont wird, dass die modernen Informationstechnologien gerade dem ländlichen Raum sehr gute Entwicklungschancen bieten.
— Neben Technologiebetreuungszentren im ländlichen Raum und Transferstützpunkten werden im Rahmen der Initiative Baden-Württemberg medi@ in Sternenfels und Pfullendorf Tele-Service-Center eingerichtet; die Umnutzung der Gewerbebrachen in den beiden Orten hat das Ministerium bisher mit 4,5 Mio DM gefördert.

Kommentar: Man könnte sich wünschen, Beiträge nicht nur von den Planenden und den Durchführern der Planungen zu haben, sondern auch dazu, wie die Initiativen bei der jeweiligen Bevölkerung ankommen, z.B. bei den Einwohnern von Sternenfels. Indirekt kommt dies im Schlussteil der Sternenfels-Befragung zum Ausdruck; doch sie gibt kein wirkliches Stimmungsbild. Ein solches könnte man ohne großen Aufwand durch offene Interviews (die nicht repräsentativ sein müssen) bekommen, indem Einwohner von Sternenfels etwa gefragt werden, ob sie stolz sind auf die neuen kommunikationstechnologischen Projekte — oder ob der Rummel um sie ihnen auf die Nerven geht; am interessantesten wären dann wohl wieder die Zwischentöne …

15.11.2001; MF