Digitale Medien ersetzen persönlichen Kontakt nicht

Digitale Medien ersetzen persönlichen Kontakt nicht

Zur Vergabe des Wolfgang-Heilmann-Preises 2017: Preisträgerin Barbara Liebermeister über menschliche Bedürfnisse bei der Kommunikation über digitale Medien.

von Barbara Liebermeister

Über Facebook, WhatsApp, Xing & Co können wir uns heute mit jedem vernetzen und jederzeit und überall kommunizieren. Doch diese „Fast-Food“-Kommunikation – wie ich diese Art zu kommunizieren zuweilen auch nenne – befriedigt unser Bedürfnis nach Nähe, nach Geborgenheit, und nach Vertrautheit und Intimität. Das hat unter anderem die werbetreibende Wirtschaft erkannt. Deshalb lässt zum Beispiel der Lebensmittel-Konzern EDEKA seit Jahren Werbespots und Video-Clips produzieren, die alle unter der Überschrift mehr Menschlichkeit stehen.

In einem Spot rollt ein Roboter, auf dessen Brust dick und fett der EDEKA-Slogan „Wir lieben Lebensmittel“ steht, durch eine EDEKA-Filiale. Vor der Fleisch- und Wursttheke fragt der Roboter ein älteres Ehepaar, ob er ihm ein Weihnachts-Rezept geben könne. Das Ehepaar erwidert, das habe der nette Mann hinter der Theke bereits getan – „mit viel Liebe“. Daraufhin fragt der Roboter zurück: „Was ist Liebe?“. Die Antwort des EDEKA-Mitarbeiters: „Etwas, wofür es kein Rezept gibt.“ Ein weiterer Spot behandelt das Thema „Zeit schenken“. In ihm geht es darum, dass viele Aufgaben, die Eltern speziell in der Zeit vor und nach Weihnachten glauben erfüllen zu müssen, faktisch nicht wichtig sind. Es gibt nur eine wichtigste Aufgabe: „Ich muss für dich da sein – mein Kind.“

Marketing-Kommunikation entdeckt „echte“ Gefühle

Und der letzte Weihnachtsspot, der im Jahr 2117 spielt und seit Ende November – also binnen 3,5 Wochen – schon fast vier Millionen Mal bei YouTube aufgerufen wurde? In ihm schert ein Roboter aus einer Roboter-Armee aus. Und er begibt sich auf die Suche nach Menschen, die vor einer von Künstlicher Intelligenz geprägten Welt sozusagen in die Wildnis geflohen sind. Mit ihnen möchte er Weihnachten feiern. Mit einem echten Tannenbaum. Mit einem echten Gänsebraten. Und: Mit echten Gefühlen. Schauen Sie selbst. Es lohnt sich!

Ja, es lohnt sich ab und zu im Leben innezuhalten und sich fragen: Was ist mir wichtig? Was vermittelt mir nicht nur ein Gefühl des Ge-füllt, sondern des Er-füllt seins? In unserer von den rascher Veränderung und geringer Planbarkeit geprägten modernen Welt wird dies immer wichtiger. Sonst verlieren wir den roten Faden in unserem Leben… und die Menschen, die uns wichtig sind.

Persönliche Kontakte können nicht durch digitale Medien ersetzt werden

Überlegen Sie sich deshalb öfter: Welches Kommunikationsmedium wähle ich für welchen Anlass aus? Manchmal ist das persönliche Gespräch zeitsparender, denn die fehlende Tonalität der Stimme oder die Zwischentöne in Mails können zu Missverständnissen führen, bei denen die Beziehungsqualität leidet. Persönlichkeit läßt sich nicht in allen Facetten digitalisieren. Ein kurzes persönliches Gespräch oder ein Besuch kann Beziehungen retten.

Digitale Kontakte sind schön und gut, doch sie ersetzen die persönliche Begegnung von Mensch zu Mensch nicht. Sie hat eine andere Qualität. Ähnlich dem tollen Konzert, das wir im Konzertsaal live miterleben. Selbst die beste Stereoanlage vermittelt nicht die Qualität, die wir dort erleben dürfen. Deshalb verschafft sie uns auch mehr Erfüllung und Befriedigung.menschliche Bedürfnisse bei der Kommunikation über digitale Medien aussen vor.

Über die Autorin

Bevor die Wirtschaftswissenschaftlerin die Leitung des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ) übernahm, war sie im Marketing internationaler Unternehmen tätig (u.a. Christian Dior, L’OREAL u.v.m.), anschließend für die Finanzindustrie. Ihre Schwerpunktthemen sind Führen im digitalen Zeitalter, die Führungskraft als Marke und der Aufbau von Netzwerken. Ihr Institut erforscht und fördert die Führungs- und Managementkultur im Zeitalter der Digitalisierung. Es analysiert und definiert die neuen Herausforderungen für Führungskräfte und entwickelt Instrumente zu deren Bewältigung. Für das neu entwickelte Tool „LEADT“, das die digitalorientierte Führungsreife bei Führungskräften misst, wurde es von der Integrata-Stiftung mit dem Wolfgang Heilmann Preis ausgezeichnet. Als Rednerin engagiert sie sich bundesweit für mehr Werteorientierung im Business.

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