Wilkesmann, Uwe: Die Anforderungen an die interne Unternehmenskommunikation in neuen Organisationskonzepten

Wilkesmann, Uwe: Die Anforderungen an die interne Unternehmenskommunikation in neuen Organisationskonzepten, in: Publizistik 45 (2000) 4, S. 476-495.

Themen: Grenzen des Technologie-Einsatzes, (Knowledge-)Wissensmanagement, Organisationsforschung, Psychologie, Virtualisierung.

Abstract
In diesem Artikel stehen zwei Fragen neuer Organisationskonzepte im Vordergrund: a.) Welche Funktionen übernimmt die interne Organisationskommunikation in der „Lernenden Organisation“ und im Wissensmanagement. b.) Unter welchen Bedingungen kann sie diese Funktionen erfüllen?

Inhaltsverzeichnis
1. Neue Organisationskonzepte
2. Formen der Organisationskommunikation
3. Schlußbemerkungen

Bewertung
Theoretisch wie praktisch ausgerichteter Überblicksartikel, der eine etwas zu ausführliche theoretische Herleitung bemüht, um dann die konkreten Probleme sehr gerafft abzuhandeln.

Inhalt

1. Neue Organisationskonzepte
Vor dem Hintergrund der Entmaterialisierung der Wertschöpfung sind die „Lernende Organisation“ und Wissensmanagement die derzeit dominierenden Diskurse der Organisationsforschung. Die interne Organisationskommunikation erhält in den Konzepten des organisationalen Lernens und des Wissensmanagements die wichtige Produktionsfunktion der Generierung und Speicherung von Wissen zugewiesen. Lernen und Wissen lauten die Schlüsselbegriffe. Dabei geht es darum, das bisher individuelle Lernen in organisationales kollektives Lernen zu überführen. Das erfolgt in Betrieben in Interaktion zwischen den Mitarbeitern (interne Organisationskommunikation): „Sie wird eine neue, zentrale Managementgröße, die den vierten Produktionsfaktor Wissen steuert“ (S.477). Im Diskurs über das organisationale Lernen lautet die Frage, wie neues Wissen in einer Organisation generiert wird. Wilkesmann referiert und kritisiert die klassischen Positionen (single-loop, double loop und deutero learning) und skizziert die auf dieser Grundlage gewonnenen Fortentwicklungen (Bottom-up-Lernform, Top-Down-Lernform und Middle-up-down-Management). Jede Form ist mit einem spezifischen Medium der internen Organisationskommunikation verbunden.
Der Diskurs über das Wissensmanagement dreht sich um zwei Fragen. a.) Bedingungen der Generierung und Durchsetzung von neuem Wissen und b). Bedingungen der Speicherung und Zugänglichkeit von neuem Wissen. Allen im Text referierten Wissensmanagementssystemen ist gemeinsam, daß sie zwischen verschiedenen Formen (Daten, Informationen und Wissen) unterscheiden. Wissen gilt jeweils als „höchste“ Form (S.480), das aus Daten und Informationen generiert wird. Explizites Wissen ist (ist in Anlehnung an Polanyi) Verstandeswissen und läßt sich in formaler Sprache ausdrücken. Implizites Wissen ist persönliches, kontextspezifisches, analoges Erfahrungswissen. Der Autor referiert die vier Formen der Wissensumwandlung nach (Nonaka/Takeuchi (Die Organisation des Wissens, 1997)): Sozialisation, Externalisierung, Kombination und Internalisierung, die den Gebrauch unterschiedlicher Medien (Face-to-Face-Kommunikation, Print- und Digitalmedien, Graphiken, Video-Sequenzen etc.) nahelegen.

2. Formen der Organisationskommunikation
Es werden anschließend die Medien der Face-to-Face-Kommunikation (Konferenz, Besprechung, Betriebsversammlungen), die Firmenzeitschrift, das Schwarze Brett sowie das Intranet unter der Fragestellung diskutiert, wie sie diese Funktionen der internen Organisationskommunikation und das Wissensmanagement unterstützen. Der Autor sieht alle Formen von Rundschreiben, Extrablättern oder Rundbriefen künftig im Intranet integriert.
Für die Generierung und Speicherung von Wissen erlangen die Medien der Face-to-Face-Kommunikation und des Intranets jeweils ihre besondere Bedeutung.
Im Zusammenhang mit dem Intranet werden folgende Kommunikationsprobleme berichtet:
a.) Das Lurking-Phänomen (Mitarbeiter beobachten lieber, als daß sie teilnehmen); b.) Free-rider-Phänomen (Zurückhalten von Wissen, weil man entweder auf den anderen vertraut oder keine Veranlassung sieht, individuelles Wissen preiszugeben); c.) darüber hinaus ist für die Generierung und Speicherung von Wissen Nutzerzufriedenheit und das Rezeptionsverhalten der Akteure wichtig: Nur bei einer gemeinsamen „community of practice“ kann Information in Wissen verwandelt werden. Damit die interne Organisationskommunikation diese Funktionen übernehmen kann, müssen zusätzlich entsprechende Anreize und Motivationspotentiale zur Verfügung stehen.

3. Schlußbemerkungen
Wilkersmann schreibt insbesondere dem Intranet eine strategische Rolle für die Generierung und Speicherung von explizitem Wissen zu. Die motivationalen Probleme bei der Nutzung des Intranets und das Rezeptionsverhalten sind allerdings gegenwärtig noch kaum erforscht. Ein Problem besteht darin mit extrinsischen Anreizen (Belobigungen, Prämien und Karriereerwartungen) intrinsische Motivationen der Mitarbeiter zu zerstören. Zentral ist der Hinweis an das Management, daß eine technische Plattform (Intranet) allein keine Verarbeitung von Daten in Wissen garantiert. Sollten die Fragen der Rezeption und Motivation nicht berücksichtigt werden, drohen Datenmüll und Datenfriedhöfe.

15.03.2001; KS