Herrmann, Thomas / Mambrey, Peter / Shire, Karin (Hrsg.): Wissensgenese, Wissensteilung und Wissensorganisation in der Arbeitspraxis

Herrmann, Thomas; Mambrey, Peter; Shire, Karin (Hrsg.): Wissensgenese, Wissensteilung und Wissensorganisation in der Arbeitspraxis, Westdeutscher Verlag, 1.A., Wiesbaden 2003. 219 Seiten. ISBN 3-531-13880-4. Euro 25,90.

Themen: Wissensmanagement, empirische Untersuchungen, Fallstudien.

Abstract
Dieses Buch stellt den abschließenden Bericht des vom BMBF geförderten Gemeinschaftsprojekts „Wissensgenese und -verteilung als Innovationsmotor (WInn)“ der Universitäten Dortmund (Fachgebiet Informatik und Gesellschaft, Fachbereich Informatik) und Duisburg (Fachgebiet Arbeit, Beruf und Organisation) sowie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) und des Landesinstituts Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs) dar. Wesentliche Zielsetzung war, Faktoren für Erfolg und Probleme im Wissensmanagement zu erkennen und Handlungsempfehlungen für die Praxis daraus abzuleiten.

Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Fragestellungen, Theorien, Methoden (S.9-68)
1 Wissensmanagement – ein Eingriff in die Organisation der Wissensteilung
2 Wissensmanagement – Begriffliche und konzeptionelle Anknüpfungspunkte
3 Empirische Vorgehensweisen bei Erhebungen und Analysen der Praxis der Wissensarbeit

Teil 2: Ergebnisse aus den Unternehmen (S.69-198)
4 Wissensdesign an der Kundenschnittstelle
5 Technische und organisatorische Gestaltungsoptionen für unternehmensinterne Wissensmanagementprojekte
6 Vernetzte Handlungsräume: Zur Ausgestaltung technisch unterstützter, verteilter Wissensarbeit

Teil 3: Fazit (S.199-208)
7 Wissensmanagement zwischen technischem und organisatorischem Wandel

Literaturverzeichnis (S.209-216)
Index (S.217-219)

Bewertung
Das Gemeinschaftsprojekt WInn lief vom September 2000 bis zum Dezember 2002. Die Fallstudien fanden überwiegend 2000-2001, z.T. bis ins Jahr 2002 hinein statt. Leider wurde der z.T. gewählte aussagekräftige Ansatz von Längsschnittuntersuchungen (in 2 der 9 Unternehmen lt. Kap.5 fanden zwei Erhebungen im Abstand von 0,5 bis einem Jahr statt) seither nicht weiter verfolgt; das ist bedauerlich, auch wenn es sich aus dem Projektabschluß und dem damit verbundenen Ende der finanziellen Förderung erklären läßt. Ein zweiter (im Buch nur einmal angesprochener) Aspekt sollte bei künftigen Untersuchungen stärker beachtet werden: Beteiligte Unternehmen sollten weniger (auch wenn dies verständlich und nachvollziehbar ist) nach ihrer Mitarbeitsbereitschaft und mehr im Sinne einer repräsentativen Zusammensetzung ausgewählt werden. Im Projekt dominieren bspw. bei den Unternehmen des 4. und 5. Kapitels mittelständische Beratungsunternehmen; allerdings finden sich in diesen Unternehmen teilweise besonders innovative und erfolgreiche Wissensmanagementanwendungen.
Ungeachtet dieser Wünsche haben die Erhebungen des Buches in der Summe wertvolle Erkenntnisse für die weitere Forschung und für die praktische Anwendung von Wissensmanagement erbracht.

Inhalt

Die beteiligten Forschungspartner unternahmen empirische Untersuchungen in drei verschiedenen Bereichen, deren Schwerpunkt jeweils auf den sozio-technischen Aspekten von Wissensmanagement-Anwendungen lag:

1. An der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden (teilnehmende Arbeitsplatzbeobachtungen in sechs mit einer Ausnahme kleineren Unternehmen; Kap. 4)

2. Unternehmensinterne Wissensmanagementprojekte (Erhebungen und Interviews in neun Unternehmen, darunter drei größere; Kap.5)

3. Nutzung eines spezifischen Tools (BSCW) in vernetzten Teams (Online-Befragung und Fallstudien zu Anwendungsfällen technikgestützten Lehrens und Lernens sowie zu verteilter Projektarbeit; Kap.6)

Der Aufbau des Buches folgt diesen Untersuchungsbereichen:
Teil 1 (Kap.1-3) führt in Wissensmanagement und geeignete empirische Methoden ein. Teil 2 behandelt die Ergebnisse aus den Unternehmen in den Kap.4-6. Teil 3 enthält ein zusammenfassendes Fazit, nachdem Detailergebnisse jeweils schon in den Kapiteln 4-6 herausgestellt worden sind.

Forscher und Autoren haben eine Reihe wertvoller Erkenntnisse im Rahmen ihrer Erhebungen gewonnen und im Buch niedergelegt. Beispielhaft seien die folgenden genannt:

– Aktive Unterstützung durch das Management ist (auch hier) ein wesentlicher Faktor

– Eine gut vorbereitete Einführung von Wissensmanagement verbunden mit praxisnaher Schulung der Benutzer (v.a. dann, wenn diese nicht von vornherein eine hohe Qualifikation aufweisen) empfiehlt sich

– Kontinuierliche Information über (auch neue) Inhalte erhöht die Nutzung

– Meta-Wissen ist von großer Bedeutung. Damit angesprochen sind sowohl die geeignete (mehrdimensionale) Strukturierung der Wissensinhalte als auch Informationen über beteiligte Benutzer (bspw. deren inhaltliche Kompetenz für Wissensnachfrager ebenso wie die Nachfrage- und Nutzungssituation für Wissensanbieter)

– Reziprozität hat sich ebenfalls als wichtiger Gesichtspunkt erwiesen: Es muß eine Vertrauenssituation entstehen, in der jeder Beitragende zum Wissenspool davon ausgehen kann, dass er auch etwas zurückerhält.

– V.a. in großen Unternehmen wichtig ist die richtige Mischung von offenen und geschlossenen Bereichen: Überschaubare soziale Gruppen fördern die Vertrauensentwicklung

– „User Empowerment“ ist eine Voraussetzung dafür, dass Wissen kreativer und vielseitiger genutzt wird als dies geplant und vorhersehbar war. Selbstorganisation unterstützt diese Entwicklung, zurückhaltende Vorgaben seitens der formalen Organisation fördern erfolgreiches Wissensmanagement.

30.12.2003; HH