Cole, Tim: Erfolgsfaktor Internet – Warum kein Unternehmen ohne Vernetzung überleben wird

Cole, Tim: Erfolgsfaktor Internet – Warum kein Unternehmen ohne Vernetzung überleben wird, Econ Verlag München 1999. 240 Seiten.

Themen: Informationsmanager, virtuelle Gemeinschaften, WWW, W3C.

Abstract
Der für deutsche Medien arbeitende Journalist trägt ein an Manager gerichtetes Plädoyer für die Nutzung des Internet vor.

Inhaltsverzeichnis
1 Weil das Internet Ihre Unternehmensstruktur verändern wird.
2 Weil das Internet Chefsache ist.
3 Weil nur ein vernetztes Unternehmen wettbewerbsfähig ist.
4 Weil das Internet in Zukunft allgegenwärtig sein wird.
5 Weil die Konkurrenz schon längst online ist.
6 Weil im Internet längst Geschäftsalltag herrscht.
7 Weil Selbstbedienung die beste Form der Bedienung ist.
8 Weil das Internet Stammkunden schafft.
9 Weil das Internet neue Management-Qualitäten fordert.
10 Weil die Zeit reif ist für das Internet.

Bewertung
Locker und informativ geschrieben.

Inhalt

Einleitend spricht Cole davon, dass gerade in Deutschland die Kluft zwischen Internet-Machern und electronic Commerce betreibenden Unternehmern groß ist. Er will diese Kluft als ein „ausgesprochen untechnischer Mensch“, der sich gerade einmal mit einem PC ins Internet einwählen könne, schließen helfen.

1
Unvermeidlich, sagt der Autor, wird das Internet Einfluss auf die Struktur der Unternehmen gewinnen, auf die sehr großen und die sehr kleinen und, mit einer gewissen Verzögerung, auf die mittelständischen. Folgende Gründe vor allem machen nach Cole diese Unvermeidlichkeit aus:
— weil viele Informationen künftig nur im Internet erhältlich sein werden
— weil es durch das Internet enorme Kostenvorteile im Hinblick auf Kundenkontakte gibt
— weil es sehr einfach werden wird, Internet-Infos in Intranet-Infos umzuwandeln
— weil Geschwindigkeit, wie sie nur das Internet bieten kann, Trumpf ist
— weil der allgemeine Trend zur Telearbeit die Internet-Nutzung fördert
— weil die Weiterbildung zum guten Teil über das Internet erfolgen wird (S. 25 – 27)

2
Internet als Chefsache, damit meint Cole, dass das Internet strategische Bedeutung für die Unternehmen hat. US-Firmen haben dies bereits in hohem Maße erkannt; als wichtigste Gründe für ihr Internet-Engagement gaben sie an:
Kostensenkung 35 % der Nennungen
Kundendienstvorteile 32 %
Verkaufsvorteile 18 %
(S.33).
Cole gibt noch einige praktische Tips: man solle sich einen Internet-Anschluss nach Hause legen lassen, um Surf-Erfahrungen zu sammeln; Websites sollten vertikal gebaut werden (nicht horizontal wie auf einer Zeitung), um verschiedene Geschäfte — eines für jede Seite — gut voneinander zu trennen; speziell an jüngere Leute gerichtet, bemerkt er, dass der Beruf des Informationsmanagers (von der kaufmännischen und der informatischen Seite her angehbar) beste Aussichten hat (S. 42 f).

3
Nach Cole (S. 48) haben immerhin 48 % der kleinen und mittleren Betriebe in Deutschland ein Intranet; aber die deutschen Unternehmer hätten große Vorbehalte dem Internet gegenüber. Als Hauptgrund dafür sieht der amerikanische Autor das Bedürfnis nach Datensicherheit. Grundsätzlich bemerkt er dazu, dass man im Internet so viel Sicherheit bekommt, wie man be-zahlen kann. Was ist überhaupt schützens- bzw. verschlüsselnswert? (Standard-Schlüssel bestehen aus einem Code von 128 Bits.) Cole unterscheidet:

— öffentliche Daten, die vor willkürlichen Veränderungen geschützt werden sollen
— sicherheitsrelevante Daten, insbesondere intellektuelles Kapital
— hochsensible Daten, deren Bekanntwerden für das Unternehmen verheerend wäre
— vertrauliche Daten (S. 50).

Das Sicherheitsbedürfnis, meint Cole, ist allerdings ein schwacher Widerstand gegenüber einem Tatbestand, der vor der Tür steht: die totale Vergleichbarkeit von Preisen im Internet. Diese wird noch gefördert durch das CompareNet, in der ein Software-Roboter automatisch nach Preisangaben sucht. Wer dieses Spiel der Veröffentlichung von Preisen im Internet nicht mitspielt, legt Cole nahe, ist ‚weg vom Fenster‘.
Wie gesagt, sieht der Amerikaner die noch relativ wenig entwickelte Internet-Benutzung in Deutschland im Zusammenhang mit der hierzulande gleichfalls relativ wenig entwickelten Telearbeit. Hierzu ein neuer Stand der Statistik. Telearbeiter gibt es in:

Großbritannien 15%
Finnland 13%
Norwegen 12 %
Schweden 10%
USA 8%
Deutschland 3%
(S. 60)

4
Von einer künftigen „Allgegenwart“ des Internets könne man sprechen, weil — nach den Worten von Paul Saffo — das Internet auf Schleichwegen und unerkannt ins Haus kommt. Vor allem spielt hier das Internet-Telefonieren eine Rolle, indem dieses Netz von den Telefongesellschaften als Trägermedium genutzt wird und (speziell bei Ferngesprächen) schnell sinkende Preise geboten werden (S. 64 – 66).
Auch über das Auto wird das Internet eindringen, hier in Form von Services (im Paket), mit denen Navigationshilfe angefordert werden kann (das Auto wird über Satellitenfumk geortet), ebenso ein Pannendienst (das Auto wird per Datenfunk überprüft), desgleichen eine Schlüsselhilfe (das Auto wird per Funk geöffnet); auch Online-Fahndung wird auf entsprechenden Wegen möglich sein (S. 66 – 68).
Dem Online-Shopping, oder Teleshopping, gibt Cole gerade in Deutschland eine sehr große Chance; der Grund: in diesem Land ist seit Jahrzehnten eine Kultur des Kaufens über Kataloge stark ausgebildet, eine gute Voraussetzung für das eigentliche Teleshopping (S. 69 f).
Zum Problem „Information Overload“ sagt Cole, dass man hier eine große Zukunft erwartet durch winzige Software-Roboter (Spiders), die mit speziellen Interessen/Vorlieben des Kunden ausgestattet und dann ‚auf Reise‘ durch das Internet geschickt werden; anschließend können sie dem Kunden das ‚erzählen‘, was für ihn von Belang ist (S. 72 f).
Interessant ist auch ein andersartiges Suchsystem, das als Projekt „Friend of Friend Finder“ am MIT erprobt wird: Ein Software-Agent ‚merkt‘ sich, mit wem Internet-Besucher kommunizieren; dann werden — durch Verbindung mit anderen Agenten — weitere ‚Freundeskreise‘ durchstöbert, bis ‚Gleichgesinnte‘ gefunden werden (S. 73 f).

5
Das Internet lädt gerade dazu ein, etwas zu tun, bevor es die Konkurrenz tut. Als ein Beispiel führt Cole Amazon.com an, die das größte Buchsortiment der Welt hat und erfolgreich ist, weil die angebotene Vielfalt groß ist und die Fixkosten (speziell Lagerkosten) gering sind (S. 85).
Das Internet ist auch sehr geeignet für Kundenclubs, die insoweit exclusiv sind, als bestimmte Bereiche einer Website nur mit einem Passwort aufgerufen werden können; auch Schulungs-zentren sind von Bedeutung, ebenfalls exclusiv, weil sie nur akkreditierten Kursteilnehmern offenstehen. Anders ist es mit den gängigen virtuellen Gemeinschaften, die offen sind und von der freien Interaktion zwischen den Besuchern leben; bei ihrer Herausbildung wichtig sind die sogenannten Builder, die andere motivieren, aktiv zu werden (S. 91 f).

6
Im Internet herrscht längst Geschäftsalltag. Cole begründet diese Aussage zunächst damit, dass das Internet zu mehr oder weniger festen Organisationsformen gefunden hat. Genannt wird das Internet Architecture Board (IAB), dem die Internet Engineering Taskforce (IETF) zugeordnet ist, und als neuere Entwicklung das W3C, ein offiziöses WWW-Consortium.
Auch eine neuere Surfer-Statistik (S. 102) zeigt Geschäftsalltäglichkeiten:

Besuche wegen nutzbarer Information 43%
elektronische Post 34%
Spiele 9%

7
In Punkto Kundenbedienung gleicht das Internet einer „Geheimwaffe“, insbesondere für Firmen mit entwickelter Telearbeit: Per E-Mail und rund um die Uhr können können Kunden „sofort“ bedient oder anderweitig betreut werden (S. 117).
Was Selbstbedienung angeht, erwartet Cole eine gute Zukunft für Hybridsysteme; er denkt vor allem an die Integration von PC- und Telefonsystemen, wodurch eine kundenfreundliche Mischung aus Selbstbedienung und persönlicher Beratung möglich ist (S. 119).

8
Stammkundschaft kann im Internet gepflegt werden, wenn auch nicht in herkömmlicher Weise. Als Hauptmittel, wofür das Internet prädestiniert ist, sieht Cole die Aktualität von Informationen, Angeboten etc. Für wichtig hält er auch das Arbeiten mit Marken, denen Navigationsfunktionen zukommen (besonders bei Erstkontakten im WWW); sie müssen kurz, griffig und eindeutig zuzuordnen sein und sollten mit der Kommunikationsstrategie wie mit der Corporate Identity eines Unternehmens im Einklang stehen (S. 129 f).

Als Regeln für das Marketing im Internet empfiehlt Cole (nach Peter Kabel):
(1) Dialog pflegen
(2) Pull statt push (einladen!)
(3) Unaufdringlichkeit
(4) Mediengerecht auftreten
(5) Mehrwert anbieten (Zusatzinfos, Service, Kommunikationsangebote)
(6) Gemeinschaftsgefühl erzeugen

9
Manager haben mit dem Internet neue Aufgaben zu erwarten: Sie kommen nicht umhin, sich selbst in diesem Medium zu bewegen, sollten dort die Konkurrenz beobachten (und von ihr lernen), sollten für direkte Kommunikation offen sein und dabei den Leuten ‚aufs Maul schauen‘, vor allem aber das Internet in die Geschäftsstrategie integrieren.
Cole gibt die Ansicht der Informations-Brokerin Edda Bhattacharjee wieder: „Die Kunst (des Informationsmanagers) bestehe darin, in der unüberschaubaren Flut von Informationen diejenigen aufzuspüren und systematisch auszuwerten, die für den Geschäftskunden relevant sind.“ (S. 157)

10
… weil die Zeit reif ist für das Internet. Im Schlusskapitel zieht Cole Parallelen zwischen dem jetzt Stattfindenden und der Industriellen Revolution. Er vergleicht die Entwicklung des Eisenbahnnetzes mit der des elektronischen Netzes (WWW). Für das erstere Netz gibt er folgende Zahlen: 1835, d.h. 10 Jahre nach der Erfindung der Lokomotive durch George Stephensen, waren in England 800 km Schienen verlegt; 1870 waren es 22 000 km. Während des Zeitraums 1830 – 1860 sanken die Preise für Personen- und Güterbeförderung um drei Viertel (S. 163).
Für das letztere Netz diese Zahlen: Mitte 1993 war die Zahl der Hosts, d.h. der im Internet miteinander verbundenen Rechner, 130 (sic); Mitte 1998 betrug sie 36 700 000, wobei Cole weiterhin etwa alle 10 Monate mit einer Verdoppelung der Zahl rechnet (S. 164). Vergleichszahlen zu dem bekanntermaßen drastischen Verfall der Preise für Informationsbeförderung hat Cole nicht.
Am Ende stellt Cole einige Prognosen auf:
— Mit dem Internet setze sich Englisch als weltweit dominante Sprache durch; jedoch gibt er auch regionalen Zweitsprachen ihre Chancen (S. 176).
— Nationalstaatliche Politik werde unbedeutend; regionale Verwaltungen mit Kulturhoh-heiten würden sich halten können (S. 178).
— Internet-Usern immanent sei ein Interesse oder gar Zwang zum Konsens; dies könne Kriege eindämmen (S. 178).
— Die Demokratie werde durch Abstimmungen im Internet direkter (S. 180).
— Verfügung über Informationen werde das Hauptkriterium für ‚winning‘ und ‚loosing‘; beste Aussichten habe ein kreativer Umgang mit Informationen (S. 182).

14.11.2001; MF