Büser, Tobias: Die Förderung von Soft Skills durch computergestütztes Lernen im Unternehmen

Büser, Tobias: Die Förderung von Soft Skills durch computergestütztes Lernen im Unternehmen, Wirtschaftsinformatik 42, Sonderheft 2000, S. 60 – 66.

Themen: Computerunterstütztes Lernen, Didaktik, Kompetenz, Lehrkonzepte, Lernumgebung, Soft Skills.

Abstract
Der Frankfurter Wirtschaftspädagoge gibt eine Übersicht über aussichtsreiche neue Lern-formen.

Inhaltsverzeichnis
1. Soft Skills und computerunterstütztes Lernen

2. Soft Skills als Sozialkompetenzen

3. Didaktische Ansprüche an computerunterstützte Lernumgebungen

4. Konzepte zur Förderung von Soft Skills

5. Fazit und Ausblick

Bewertung
Eine übersichtliche Darstellung der sich entwickelnden Lernformen, mit Blick auf den Gewinn der unmittelbar Beteiligten.

Inhalt

1.
Im Laufe der 1990er Jahre haben die Unternehmen, empirisch gut belegbar, sowohl ein deutlich zunehmendes Interesse am Einsatz von Computern als Lernmedien zur Erlangung von EDV-Kompetenz als auch ein deutlich gesteigertes Interesse an Fachkräften mit Soft Skills gezeigt. Büser sieht darin mehr als nur einen kurzfristigen Trend, und er stellt die in der Zielsetzung durchaus ungewöhnliche Frage, wie die Ausbildung von Soft Skills gefördert werden kann und Lernprogramme dabei unterstützend wirken können.

2.
So unterschiedlich „Soft Skills“ definiert werden können, so sehr wird doch praktische Kommunikations- und Teamfähigkeit damit assoziiert, und in diesem Sinne rechnet Büser diese Skills (im Unterschied zu den sog. Hard Skills des rein kognitiven, operationalisierbaren Wissens) zu den eigentlichen Sozialkompetenzen, wie sie in komplexen, dabei auch affektiv besetzten Sozialbeziehungen zum Tragen kommen.
Büser folgt Euler, der für die Analyse von Sozialkompetenzen grundsätzlich zwischen einer inhaltlichen Komponente (das ‚Thema‘ wie subjektive Gefühlswelt, Etikette, bestimmte Objekte der Kommunikation) und einer Verhaltenskomponente (Dialogfähigkeit, Koordinationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit) unterscheidet; zur Erläuterung wählt Büser die Koordi-nationsfähigkeit, die in komplexen Situationen sowohl die Fähigkeit zum Konsens als auch die Fähigkeit zum Konflikt verlangt.
Orientiert auf Unternehmungen hebt Büser hervor, dass es nicht ‚an sich richtige‘ Soft Skills gibt; vielmehr müsse ihre Ausbildung eingebettet sein in kulturelle Zusammenhänge (einer Region, eines Unternehmens), wobei in einem Unternehmen die Ausrichtung dieser Skills von einem allgemeinen Leitziel und den Subsystemen innerhalb des Unternehmens abhängt. „Die Bestimmung der richtigen Soft Skills ist demnach nur sinnvoll möglich, wenn sie in ein Gesamtkonzept der Unternehmensentwicklung integriert werden.“ (S. 62)

3.
Soft Skills können sich in der betrieblichen Sozialisation entfalten und zudem gezielt gefördert werden. Inwieweit auch durch computerunterstützte Arrangements? Geht man von didaktischen Ansprüchen aus, so sollten computerunterstützte Lernumgebungen nach Möglichkeit folgende Merkmale haben: (a) Authentizität des Lernens, wodurch Anhäufung von trägem Wissen vermieden und der Transfer des Wissens auf neue Situationen gefördert wird; (b) Situiertheit des Lernens, d.h. seine Einbindung in angemessene Strukturen wie zum Beispiel Simulationen, in denen das Interesse des Lerners geweckt werden kann; (c) muliple Kontexte und Perspektiven, um die Reflexion verschiedener Sichtweisen mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen zu ermöglichen; Herstellung eines sozialen Kontexts, um Kooperation untereinander und ggf. ein Zusammenspiel mit Experten zu fördern. Pädagogische Qualität, so Büser, liegt in der Angemessenheit eines Arangements und in der Geschicklichkeit, verschiedene Umgebungen aufeinander zu beziehen, speziell reale Umwelten (i.S. des learning by doing), simulierte (wie Planspiele) und symbolische Umwelten (wie Bücher).

4.
Für den Einsatz von Computern bzw. des Tele-Learnings zur Ausbildung von Soft Skills gibt es nach Büser fünf Konzepte, welche die didaktischen Ansprüche in unterschiedlicher Weise enthalten:
(1) Computergestütztes Einzellernen: Vorteile liegen hier in der Nutzung verschiedener Wahrnehmungskanäle (speziell auditiv und visuell) und in der Vermittlung kognitiven Wissens; der soziale Bezug ist evidentermaßen schwach.
(2) Teletutoring: Ein Schritt weg von der Vereinzelung des Lernens; durch die Rückfragemöglichkeit gewinnt das Lernen stark an Effizienz.
(3) Computerunterstütztes Lernen im unmittelbaren sozialen Kontext: Lehr- und Informationssoftware dient hier lediglich einzelnen didaktischen Funktionen, der überwiegende Teil des Lernens findet in einer Gemeinschaft statt; die (oben genannten) didaktischen Ansprüche sind im Prinzip sämtlich einbezogen. Für Büser am Wichtigsten ist hier der „mögliche Transfer vom Wissen zum Können“, da Gelerntes in einer Gruppe handelnd ausprobiert werden kann.
(4) Teleteaching: Im Unterschied zu den bisher genannten Lernformen spielt beim Teleteaching die Selbststeuerung des Lernens durch den Lerner keine Rolle; doch kann diese mehr oder weniger klassische Instruktionsform für bestimmte Zwecke unschwer in die anderen Lernformen integriert werden.
(5) Teledialog (Telekooperation): Er zeichnet sich nach Büser dadurch aus, dass kein expliziter didaktischer Input, sei es durch ein Lernprogramm oder durch einen Lehrenden, gegeben ist; vielmehr ist es „eine Form organisierten Gruppenlernens unter Zuhilfenahme der Kommunikationstechnik“ (S. 65), der erfahrungsgemäß die Rolle eines Moderators gut tut. Büser hält diese Lernform zur Ausbildung von Soft Skills für besonders geeignet, weil sie (allerdings eher auf inhaltlicher als auf Verhaltensebene) von der Qualität der Beiträge durch die Beteiligten und durch die Kenntnis, wo und wie Informationen beschafft werden können, lebt.

5.
Fazit und Ausblick
„Besonders erfolgreich werden … bis auf weiteres Lehr-Lernarrangements sein, die eine Kombination von selbstorganisiertem computerunterstützten Lernen, personengeleitetem Lernen und Gruppenlernen darstellen.“ (S. 65)

14.11.2001; MF